Donnerstag, August 27, 2009

das kleid


Wir sahen einander an - zack. Schon war es geschehen. Um mich. Mitten ins Herz getroffen - oder sonst wo hin.
Eva und ich waren in die Bar gegangen weil sie den Fünfzigeuroschein wechseln wollte.
Ich brauch Zigaretten, sagte sie. Und hab keine kleinen Scheine.
Wollt ihr ein Glas Wein? fragte er.
Gerne, sagte ich.
Amadea, sagte Eva, wir sind schon spät dran. Schneewittchen wartet.
Ein schnelles Glaserl, Eva, nur eins. Versprochen.
Nein, wir gehen.
Der Automat nahm den Zehneuroschein nicht an.
Gib her, ich geh noch mal rein.
Eva schimpfte hinterher.
Als ich wieder in die kleine Bar kam, war er weg. Sein Bierglas stand noch am Tresen. Halbvoll.
Ist der verheiratet? fragte ich die Kellnerin hinter der Bar.
Nein, sagte sie und grinste.
Ein Einheimischer?
Ja, sagte sie. Gib mir deine Handynummer.
Ich weiß die nicht.
Na, gib sie mir schon.
Ich weiß die wirklich nicht. Ich merk mir keine Zahlen. Ich bin froh, dass ich mir merk, wann ich Geburtstag habe.
Sie reichte mir einen Zettel: Hier, ruf mich an.
Danke, strahlte ich. Und weg war ich.
Eva, ich brauch dein Handy. Sofort.
Eva stand noch vor dem Automaten. Sie war grantig. Amadea, du nervst. Ich brauch jetzt erstmal Zigaretten.
Ich stieg ins Auto und nahm ihr Handy aus ihrer Tasche.
Mit fremden Handys kenne ich mich so gut aus wie mit Zahlen.
Eva, ruf hier an. Ich reichte ihr den Zettel. Und sag der Kellnerin meine Nummer.
Amadea, wir fahren nun. Das machen wir im Stadl.
Sie startete das Auto.
Und dann sah ich ihn. Er kam auf uns zu. Ich kurbelte das Fenster runter.
Und da stand er - braungebrannt, lachend, breitbeinig.
Diese Augen. Mehr sah ich nicht.
Bist du verheiratet, fragte ich?
Nein, sagte er und lachte.
Ich auch nicht, sagte ich. Ich lachte auch.
Ich lachte die ganze Zeit. Alles in mir lachte.
Und dann erzählte er und hörte nicht auf. Und ich saß da und war verzaubert. Unfähig, irgend etwas zu sagen oder zu tun.
Eva sagte irgendwann: Amadea, jetzt aber.
Ich steh im Telefonbuch, sagte er. Unter Mike. Aber gib mir doch deine Nummer.
Eva war nun vollends genervt. Es dauerte, bis sie ihr Handy bereit hatte.
Amadea, sagte ich. Mit einem M und hinten A. Er tippte meine Nummer in sein Handy.
Wo fährt ihr hin?
In den Stadl.
Schade, ich ich kann nicht, morgen reisen sechzig Gäste ab und ich muss früh auf.
Was machst du?
Nicht viel, sagte er. Ich vermiete Appartements.
Musst du morgen putzen?
Nein. Er lachte wieder. Nur winken, wenn sie abfahren, die Gäste.
Das war am Freitag.
Er rief nicht an. Den ganzen nächsten Tag nicht und den übernächsten auch nicht. Und ich war krank, liebeskrank. Ich war unruhig, konnte weder essen noch schlafen. Auch Lesen half nicht. Ich las zwar, wusste aber nicht was.
Bewegung half. Ich ging Rad fahren, auf den Berg und wieder runter und wieder Rad fahren. Und immer waren diese Augen da. Und sein Lachen.
Am Sonntag, nachdem ich von meiner Bergtour gekommen war, schickte ich ihm ein SMS - ob das mit dem Wein noch gelten würde.
Die Antwort kam prompt: Ich habe dir schon geschrieben. Aber die SMS ist wo anders gelandet.
Na klar. Wo anders gelandet. Typisch! Die beste Ausrede überhaupt! Vergiss ihn. Wenn sich der Mann nicht meldet, ist er nicht interessiert. Basta. Abhaken, vergessen.
Am Dienstag um halb fünf rief er an. Einfach so.
Hey, Amadea. Wie wär's mit Brunch am Donnerstag? Die SMS, die ich dir schickte, ist bei meiner Exschwägerin gelandet, die auch Amadea heißt. Sie mailte mir und schrieb, sie sei weder Lehrerin noch je im Stadl gewesen.
All diese Zweifel, all diese negativen Gedanken - weg. Die blauen Augen wieder da. Gleich nach dem Gespräch durchsuchte ich meinen Kleiderkasten. Spahettiträger sind immer gut wenn man braun ist und knielange, weiße Jeans, den trägerlosen BH und die Sandalen. Die mit dem mittelhohen Absatz.
Lo hatte mir folgendes mitgegeben: Wenig reden, Amadea. Zuhören. Langsam essen, ganz langsam - wie in Zeitlupe jeden einzelnen Bissen zum Mund führen. Mit dem Haar spielen, den Kopf zurückwerfen und dein Bein berühren. Und ihn anschauen. Und immer lächeln.
Ich mach das alles, Lo. Alles werd ich machen.
Dreiviertel zwölf nachts. Ich sitz vor dem Computer und studiere Flirttipps.
Da läutet das Handy. Mike. Da ruft er an, wenn man es gar nicht erwartet.
Amadea, ich komm grad von einer Geburtstagsfeier. Wie wär's mit dem Glas Wein, das ich dir versprochen habe? Wir setzen uns auf die Terasse. Ich habe Decken hergerichtet falls dir kalt wird.
Ich duschte und dann fuhr ich.
Wenn eine Frau in der Nacht zu einem Mann nach Hause fährt, dann ist das eine klare Sache. Und es war eine klare Sache. Und nein, Einzelheiten gibt's nun nicht.
Und wir redeten und tranken Wein. Und Momo kam und hüpfte mir um die Beine. Momo, der Jack Russell.
Darf ich mal spazieren gehen mit ihm?
Sooft du willst, sagteMike. Es war toll, dass du mich ansprochen hast.
Gestern morgen waren wir frühstücken. In seinem Stammcafe.
Ich habe meinem Sohn erzählt, dass uns seine ehemalige Lehrerin besuchen wird, sagte Mike.
Und was sagte er?
Er sagte, wenn die Lehrer nun hier einziehen, würde er ausziehen.
Wir lachten.

Es war das Kleid, sagte ich heute zu Lo. Das Kleid, das mir meine Cousine geschenkt hat.
Es war der tiefe Ausschnitt, sagte Lo. Aber es klingt gut, es klingt sehr gut.
Lo, vielleicht habe ich nun sogar den Hund, den ich mir schon jahrelang wünsche.

Doch ich zweifle immer noch. Liebeskrank bin ich nach wie vor. Und essen kann ich nichts außer Äpfel.
Ich Wahnsinnige.
Morgen fahr ich mit meinen Söhnen nach Wien. Nächste Woche nach Venedig. Und wenn ich zurück komme, hab ich zehn Kilo weniger. So liebeskrank wie ich bin.

6 Kommentare:

saxana hat gesagt…

Glückunsch! Freue mich!

amadea's world hat gesagt…

Danke, saxana - du Liebe - weißt du, was so schön ist? Alle freuen sich für mich/mit mir.

solo hat gesagt…

Echt? Ein Mann mit Hund?
Wünsche Dir viel Glück!

fusilli hat gesagt…

Juhuuuuuuuuuu!

Katiza hat gesagt…

Uiuiuiuiuiui - so vü schian ah! da wünsch ich Glück und so!

amadea's world hat gesagt…

schon wieder vorbei. eine verrückte sommer-affäre.