Montag, Mai 14, 2007

sebastian - teil 2


Weißt du, woran ich merke, dass Muttertag ist?
Nur der Sebastian und der Sebastianpapa sind zu sehen.
Direkt unter mir.
Der Sebastian ist auch zu hören. Lautstark.
Der Sebastian und der Sebastianpapa sind auf dem Asphalt.
Von der Sebastianmama ist nichts zu hören und nichts zu sehen. Die schläft vielleicht. Oder sie schiebt den Braten ins Rohr.
Der Sebastian schiebt auch. Seinen Traktor. Wie immer.
Der Sebastianvater schiebt ebenfalls. Keine ruhige Kugel. „Schiab nit so wüd, Sebastiaaaaan. Tuast den Traktoa eh nit so wüd schiam?“
Der Sebastianpapa sitzt auf dem Parkplatz. Der Sebastian schiebt den Traktor vom einen Parkplatzende zum anderen. Laut schreiend. Wie immer.
Alina kommt. Alina hat keinen Traktor. Alina hat eine Puppe. Alina gefällt der Traktor. Das sieht man. Weil die Puppe fliegt. In hohem Bogen. Und landet auf dem Parkplatz direkt neben dem Sebastianpapa. Der schaut die Puppe kurz an und schreit: „Schau amoi, Sebaaaaastian, die Alina is a do!“
Der Sebastian schaut nicht.
„Sebaaaaastian, die Alina, schau amoi. De wü mit dir spieli, die Alina.“
Der Sebastian schaut noch nicht.
Der Sebastian hört den Sebastianpapa gar nicht. Weil der Sebastian schreit nur und schiebt. Wer kann da schon etwas hören. Da kann man nicht einmal etwas sehen.
Alina steht neben dem Sebastianpapa und wartet. Sie schaut. Dem Sebastian nach. Sie hat die Hand im Mund. Die ganze Hand. Der Sebastianpapa nimmt die Puppe, die neben ihm liegt und ordnet ihr das Höschen.
„Sebastiaaaaan, die Alina is do, schau amoi. Schiab den Traktoa nit so wüd!“
Der Sebastian kommt. Aber nicht, weil der Sebastianpapa gerufen hat. Er kommt weil er ist am anderen Ende des Parkplatzes angelangt.
Er dreht um und kommt. Direkt auf den Sebastianpapa zu.
Mit dem Traktor.
„Sebaaaaastian, nicht den Papa zammfaaahn, das tut dem Papa weh, gö?“
Sebastian hört nicht.
Der Traktor rattert, Sebastian schreit.
Plötzlich schreit der Sebastianpapa auch. Der Traktor rattert nicht mehr. Er liegt verkehrt am Parkplatz. Der Sebastianpapa auch. Der Sebastian schreit eine Nuance lauter und eine Oktave höher. Wie eine Operndiva schreit er. Der Papa schreit auch: „Sebaaaastian, jetzt tut dem Papa sein Popschi aber weh. Du bist ein böser Sebastiaaaaan. Lieb sein, Sebastiaaaaan.“
Sebastian dreht sich um. Will den Traktor aufheben.
Da fährt die Hand aus Alinas Mund hin zum Traktor. Schon hat sie ihn. Und die zweite Hand ist auch schon da. So schnell kann der Sebastian gar nicht schauen ist sie weg, die Alina.
Rattert über den Parkplatz wie eine Schneekönigin.
Stille.
Sebastian schreit nicht mehr.
Eine Sekunde lang.
Dann wieder. Wieder eine Nuance lauter und und wieder eine Oktave höher.
Der Sebastianpapa schreit ebenfalls. Auch eine Nuance lauter aber eine Oktave tiefer.
„Der Sebaaaaastian lasst die Alina schon mit dem Traktor foahn, gö?“ „Du derfst derweil mit der Alina iahn Puppi spieln, gö?“
„Schau, wos des liabe Puppi fia a nett’s Blusi an hat. So a nett’s Blusi is des.“ Der Sebastian sieht weder Blusi noch Puppi. Er sieht gar nichts. Wenn einer so schreit, kann er nichts sehen. Sebastian sieht nur rot. Obwohl der Traktor grün ist. Der Sebastianpapa hält dem Sebastian das liabe Puppi mit dem netten Blusi vor’s Gesicht. Der Sebastian schnappt das liabe Puppi beim netten Blusi und haut es dem Sebastianpapa ins Gesicht.
„Sebaaaaaastian, hiaz gemma owa heiti heiti, gö?“ „Hiaz is’ owa gnuag. Hiaz tuat da Papa dem Sebaaaaastian sei Handi patschi patschi.“
Alina ist weg. Mit ihr der Traktor. Der grüne.
Der Sebastian sieht noch immer rot.
Mittlerweile sieht der Sebastianpapa auch rot. Er schnappt den Sebastian und zerrt ihn über den Parkplatz Richtung Haustür.
In diesem Moment öffnet sich das Fenster. Die Sebastianmama streckt den Kopf heraus und schreit:“ Wos is den los mit mein’ Sebastiaaaaaanschatzibutzi? Hat die Alina dem Sebaaaaastian an Traktoa g’numma? Du oarm’s Schatzi, du oarm’s. Owa hiaz tan ma eh mampfin, gö?“
Und zum Sebastianpapa schreit sie. „Des is wieda amoi typisch. Oamoil im Joahr loß i di mit dem Buam alloa. Scho schreit er!“
Sie knallt das Fenster zu.
Der Sebastian und der Sebastianpapa gehen ins Haus. Beide schreiend.
Wehmütig schaue ich ihnen nach.
Dann ist es still. Den ganzen Nachmittag lang. Auch am Abend höre ich nichts. Ungewöhnlich ist das. Unheimlich. Der Sebastian wird doch nicht? Nein, das kann nicht sein. Er ist ja noch so klein. Und so lieb.
Aber verstehen würd’ ich das schon, würd ich, gell?

1 Kommentar:

Zechbauer hat gesagt…

Ich liebe diese Sebastian-Geschichten - aber ich muss sie auch nicht live miterleben :)