Freitag, Mai 25, 2007

das sprungbrett


Wer weiß, sagte Erika zu mir.
Vielleicht ist das ja DIE Gelegenheit, DAS Sprungbrett.
Das Sprungbrett wozu?
Zur Filmkarriere.
Ach ja, mehr sagte ich nicht.
Ich habe die Erika ja ziemlich beneidet. Weil sie hatte diese lange Szene beim Arzt. Ein Gespräch über zehn Minuten.
Die hätte ich eigentlich spielen sollen, diese Sprungbrettszene.
Es tut mir leid, Amadea, aber du bist schon ein paar Mal so groß im Bild in der einen Szene im Stadtl, da kann ich dich leider nicht für die Arztszene nehmen, sagte die Regieassistentin.
Ich wusste, dass ich groß im Bild gewesen war, total in der Totalen. Ich habe das gespürt. Körperlich. Dieses starrende Kameraauge auf mir. Sogar auf meiner Schokoladenseite. Und der Michel auch. Der hat das auch gespürt.
Alle waren wir im Film. Erika, Anna, Schneewittchen und ich.
Wir machten uns schon Gedanken, wie wir Beruf, Familienleben und Medienrummel unter einen Hut bringen könnten.
Und gestern war es soweit. Das große Ereignis, im Fernsehen. In ORF 2.
Der ganze Ort vor dem Kastl.
Die Statisten hatten die ganze Verwandtschaft angerufen. Ich auch.
Das heißt, pro Statist, fünfzig zusätzliche Zuschauer. Das macht schon was aus bei zweihundert Statisten. Das schnalzt die Einschaltquoten aber ordentlich in die Höhe. Zu meiner Klasse sagte ich: Heut, Kinder müsst’s fernsehen. Eure English Miss ist im Film.
Sie machten große Augen.
Ja, heute im Zweier. Fragt’s die Eltern, ob ihr dürft.
Die ganz ordentlichen schrieben Uhrzeit und Filmtitel in ihr Mitteilungsheft.
Frau Lehra, müssen wir das unterschreiben lassen?
Nein, ausnahmsweise nicht. Die Frau Hofer ist auch dabei.
Wie viel Lehra san no dabei? Is des a Film üba die Lehra?
Keine mehr, nein das ist ein ganz schöner Film, keiner über Lehrer. Der Papa vom Franzi ist auch dabei.
Der Franzi grinste stolz.
Und die Mama von der Lena auch. Die von der 2B. Und viele Leut’, die ihr alle kennt. Also alle schön schauen heut auf d’Nacht. Dafür gibt’s auch keine Hausübung.
Ich mein, wennst schon mal im Film bist als Lehrerin, dann musst das auch sagen. Bringt ja Ansehen bei den Kindern.
Ich habe mich gestern gut vorbereitet. Auf die Filmpremiere. Hab den Onkel Peppi in Wien, die Tante Traudl in Tirol und Annatant in Vorarlberg angerufen und meine Eltern und meine Schwester und meine Söhne und meine Freundin in Oberösterreich und die Bekannten in Vorarlberg.
Und die Erika hat alle Verwandten in der Steiermark angerufen. Die hat ja eine wahnsinnig große Familie. So um die fünfzig Cousinen und Cousins hat die. Da hat die ganze Steiermark ferngschaut.
Bei der Anna gab’s Premierenfeier mit Nachbarschaft und kalter Platte und Sekt und allem drum und dran. Sie hat mich eh auch eingeladen. Aber ich wollte nicht. Ich wollte keinen Rummel an dem denkwürdigen Abend.
Schneewittchen hatte ja a bissl an Stress. Der Schneewittchenmann wollte unbedingt mähen. Das muss sein, wer weiß, wie lang das schöne Wetter andauert.
Und Schneewittchen musste heuen.
Ihr Bub hat eh gsagt, Heut grad, weil die Mama im Fernsehen ist. Das ist das einzige Mal im Leben, dass die Mama im Fernsehen ist. Da musst du mähen, Papa.
Aber mähen musste sein und heuen auch.
Aber um sieben waren sie alle fertig. Und geschneuzt und gestriegelt vor dem Fernseher versammelt.
Und der Peter, der ältere wollte dann noch von der Schneewittchenmama das Haar geschnitten haben.
Aber da hat sich Schneewittchen dann doch durchgesetzt.
A Ruah’ is. Nix Haar schneiden, Peterl – du holst mir den Sessel, wo ich die Füß’ hochlegen kann und dann seid’s mucksmäuserlstill und dann schau ma.
Und die Chips und die Soletti kamen auf den Tisch und der Hollersaft für die Kinder und der Wein vom Rudlonkel aus dem Burgenland für Schneewittchen und Schneewittchenmann.
Und hiaz seid’s ruhig.
Endlich.
20.15 - Die Verzauberung.
Die Frucht unserer harten Arbeit voriges Jahr im Spätsommer.
Und es war ein Erlebnis, unvergesslich. In meinem ganzen Leben noch nicht hab ich mir so genau einen Film angeschaut. Die Arbeit hat sich gelohnt, wirklich.

Ich war zwei Mal zwei Sekunden im Bild, die Anna ein Mal drei Sekunden. Schneewittchen nie. Da wär sich das Haarschneiden auch noch ausgegangen.
Erikas Sprungbrettszene dauerte zwanzig Sekunden.
Kaum der Film vorbei, rief Mama an. Ich hab dich gar nicht gesehen, Amadea.
Klar, Mama, weil du immer einschläfst.
Jo eh, sagte Mama. Aber der Papa hat dich auch nicht gesehen.
Dann hat er nicht genau g’schaut. Ich war zwei Mal im Film. Zwei Mal, Mama.

Ich hätte das Zeug dazu. Ich wäre die geborene Schauspielerin.
Der Herr Paulus hat das nur noch nicht erkannt.
Der Lover weiß es auch. Der hat es als einziger kapiert.
Heute stand er vor mir. Mit Blumenstrauß und Schokolade.
Amadea – du hast dem doch etwas seichten Film wirkliche Tiefe verliehen.
Eben.

Ich war schließlich im Film.
Zwei Mal.
Für je zwei Sekunden.
Von hinten.

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Mist. Den hab ich verpaßt. Dabei hätteich so gerne usw.

Ich hab mal in einer Nachrichtensendung mitgespielt. Alsich Lehrling war in einem Betrieb. Im Vordergrund war ein Reporter, der vor der Kamera etwas ins Mikrofonsprach. Ich sollte im Hintergrund an einem Schaltschrank ein paar Knöpfe drücken, aber der war gar nicht angeschlossen ... Seitdem ist mein Verhältnis zu Nachrichtensendungen anders.

Anonym hat gesagt…

das er den Film super findet.Dialoge, die Schauspieler und Schauspielerinnen, sogar die Landschaft hat sich richtige Mühe gegeben.Wiederholung Eins Festival 31.5_12.00-13.30/
1.6_10.30-11.55/ 2.6_2.00-3.30

amadea's world hat gesagt…

t.m.
ich sag dir was. es ist gut, dass du ihn verpasst hast. eine katastrophe. und eine schnaxlszene war auch noch dabei. und ich hab den meinen schülern empfohlen. es wird noch immer von dem film geredet im ort. und alle saßen vor dem kastl. wegen nix und wieda nix.

yerry. die landschaft. ja, das war das einzig sehenswerte.