Montag, Juni 02, 2008

fit mach mit


Lo geht seit neustem ins Fitnessstudio.
Das ist toll, Amadea. Du musst auch mit. Es gibt da ein Wahnsinnsangebot. Zwei Monate lang für nur 20 Euro. Und du kannst jeden Tag rein, solange du willst.
Lo, lass mich in Ruhe mit dem Fitnessstudio. Ich war da voriges Jahr. Das ganze vorige Jahr. Regelmäßig zwei Mal pro Woche. Und jedes Mal musste ich mich überwinden. Ich ging da hin weil ich eine Jahreskarte hatte und die sauteuer war. Es war ja ganz nett. Besonders nachher. Wenn ich mich geduscht hatte und mich dann auf der Couch ausruhte. Aber es ist nun Schluss mit Fitnessstudio. Weil eines Tages hatte ich da einen stechenden Schmerz. Da oben in der Schulter. Und jedes Mal wenn ich den Kopf drehte, dann knackste es. Und den Arm konnte ich nur mehr bis zum Kinn heben. Und erst seit einigen Monaten geht das wieder. Erst seit einigen Monaten kann ich den Arm wieder bis zur Nase heben. Und das dauert sicher noch ein Jahr, bis ich ihn ganz hochheben kann. Ich habe mich da irgendwie überdehnt. An diesem Bizepsmuskeltrainingsgerät. Ich kann mir die Namen nie merken. Irgendwas mit Crunch. Und es wär ja auch gesund. Das weiß ich schon. Aber ich tu eh jeden Tag etwas. Ich geh jeden Tag raus und schnauf hinauf auf den Berg. Aber ich geh nimmer ins Fitnessstudio. Ich bin ganz zufrieden mit meiner Figur. Angezogen jedenfalls. Klar würd’ ich nackig besser ausschauen wenn ich regelmäßig trainieren würde. Aber wer sieht mich schon nackig? Diejenigen, die mich nackig sehen, kennen mich eh schon und denen würde das eh nicht auffallen, wenn mein Bauch einen halben Zentimeter dünner und mein Bizeps einen halben Zentimeter dicker wäre.

Ich erinnere mich, als ich das erste Mal da rein ging. Es war ein Hardcore Fitnesscenter.
Bodybuilders, muskulöse Polizisten und Soldaten waren da. So sahen sie halt aus.
Ich ging da eigentlich nur hin, weil es direkt neben der Wohnung war, in der ich damals lebte.

Ich weiß, wie das geht, höre ich eine Frau schreien.
Ich drehe mich um und sehe eine junge Blondine auf dem Fahrrad direkt hinter mir. Neben ihr der muskelbepackte Instructor.
Sie schaut grantig.
Sie machen das falsch, sagt er. Ich zeige es Ihnen.
Ich mach das schon seit zehn Jahren, schreit sie. Ich brauche keinen, der mir zeigt, wie das geht.
Ich grinse. Dann hat sie mit acht Jahren angefangen.
Ich will Ihnen ja nur helfen, sagt der Muskelmann beleidigt. Er geht weg.
Ich bin fertig mit meinem Gerät und gehe zum Stepper.
Im selben Moment kommt einer dieser Männer und setzt sich neben mir auf die Rudermaschine.
Einer dieser wahnsinnig fitten älteren Männer. Sein Knie eingebunden, am Hals eine pulsierende Ader, die aussieht, als würde sie jeden Moment platzen, setzt er sich und fängt an zu rudern.
Und er rudert wie wahnsinnig. Bei jeder Bewegung stöhnt die Maschine und gibt ein Geräusch von sich.
Man sieht, dass er den Großteil des Tages hier verbringt. Vermutlich ein Frühpensionist oder einer, der bei der Bahn war und mit fünfzig in Pension ging.
Ich schaue weg und versuche, an etwas Schönes zu denken. Aber wie kannst du an etwas Schönes denken, wenn da neben dir ein Folterinstrument quietscht und stöhnt?
Der wahnsinnig fitte Wahnsinnige stöhnt auch. Ich sehe, wie Schweiß auf den Boden tropft. Im Rhythmus der Rudermaschine.
Auf einmal riecht es nach Zwiebel. Zwiebelschweiß!
Es riecht nicht, es stinkt. Das hat mir noch gefehlt.
Ich bin genervt.
Sei nicht so empfindlich, Amadea, sage ich zu mir. Übe dich in Toleranz. Sieh es als Herausforderung.
Ein Fitnessstudio ist ein wunderbarer Ort, zu lernen, tolerant zu sein. So wie U-Bahnen, O-Bussen und Flugzeugen.
Ich reiße mich zusammen und atme durch den Mund.
Nach zehn Minuten gebe ich auf. Ich steige vom Stepper und bin weg. Das war das letzte Mal, dass ich hier war. In ein Fitnessstudio bringen mich keine zehn Pferde mehr. Und wenn das Angebot noch so toll ist und so wahnsinnig günstig.

Diesen Text schrieb ich im Jänner.

Nun ist Juni. Und ich bin wieder im Fitness Studio. Seit Februar. Dieses Mal sogar drei Mal pro Woche. Mein Bauch ist fünf Millimeter dünner und mein Bizeps fünf Millimeter dicker.
Alles wunderbar.
Alles super.
Heute war er wieder da, der wahnsinnig fitte Wahnsinnige.
Aber heute war alles okay!
Heute stöhnte die Rudermaschine nicht!
Heute stank er nicht nach Zwiebel!

Er stank nach Knoblauch.

3 Kommentare:

solo hat gesagt…

Im Fitnesstudio war ich auch mal. Aber so eines Tages dachte ich bei mir: jedes mal bist du da 3 Stunden drin. Und das 2 mal die Woche. Ist das wirklich deine Vorstellung von Freizeit, dumpfen Muskelbergen beim Schwitzen zuzusehen? Neenicht. Und dann diese blöden Dehnübungen jeden Tag. Damit die Muskeln dich nicht bewegungsunfähig machen (genau!).
und dann das denken in muskelgruppen: aber wenn du die muskelgruppe trainiert hast musst du auch noch jene trainieren, sonst läufst du morgen schief.
und dann noch schön energy drink und immer schön quark und eier essen, bis es zu den ohrn rauskommt.
(das sind probleme, die man vorher nicht hatte...)
Lieber spazierengehen.

sagt der solo (mit krummem rücken und dickem bauch :D)

saxana hat gesagt…

Da bringt mich niemand rein in so ein Fitnessfolterzimmer. Trotzdem: Bewunderung.

amadea's world hat gesagt…

also solo - Ich übertreib ja immer beim Schreiben.
Wenn ich dort bin, dann ist fast nie jemand da. Ich teile es mir so ein. Und es ist ein anderes Studio, als das, in dem ich damals war.
Nicht so schlimm. Eigentlich ganz nett.
Und es tut mir gut, wirklich. Und Energydrink gibt's gar nicht, nur Wasser. Und ich mach auch noch anderes in meiner Freizeit. Wandern, radeln, faulenzen, im Kaffeehaus sitzen, ausgehen ... und im Blog schreiben :-)

saxana - Wie oben geschrieben. Aber bewundern ist nicht nötig. Muss mich jedes Mal überwinden, zu gehen. Aber danach fühle ich mich wunderbar.