Samstag, September 29, 2007

hansiburli


Der Hansi ist schon ein besonderer. Der Hansi ist ein Coach. Oder so etwas Ähnliches. Oder beides. Ich weiß nicht genau, was er beruflich macht. Ich habe ihn schon gefragt, aber entweder erklärt der Hansi zu kompliziert oder ich bin zu kompliziert, es zu verstehen.
Ich kann nicht viel anfangen mit all den neuen Berufen, die es so gibt. All diese Berufe, die aus mehr als einem Wort bestehen.
Seit einigen Jahren gibt es Berufe, die aus mehreren Wörtern bestehen oder überhaupt englisch sind. Ein Verkäufer ist ein Sales-Manager, ein Lehrer ein Diplom-Pädagoge, und der Staubsaugervertreter, der an der Tür läutet, ein Consultant.
Natürlich nennt sich der Hansi nicht Hansi. Weil Hansi heißen bei uns die Kanarienvögel und die Hamster. Also nennt sich Hansi Johann. Johann klingt wirklich gut und seriös.
Der Hansi wohnt in Wien. Ich lernte ihn durch Sonja kennen. Die Sonja kennt den schon Hansi ewig lang. Die beiden haben schon in der Sandkiste gespielt.
Der Hansi kam jeden Sommer zur Sonja. Ihre Eltern hatten eine Fremdenpension, die übrigens nun Gästehaus heißt und Sonjas Bruder gehört. In der Fremdenpension machten der Hansi und seine Familie Urlaub. Sommerfrische am Land.
Nun ist der Hansi erwachsen, geschieden und hat einen kleinen Sohn. Aber er kommt immer noch. Nicht mehr in die Fremdenpension sondern zur Sonja. Und die nimmt ihn mit Freuden auf, verköstigt ihn und der Hansi fühlt sich wieder so wie damals in der Sommerfrische. Und manchmal gehen wir dann aus, die Sonja, der Hansi und ich.
Der Hansi ist ein wunderbarer Tänzer. Der tanzt alles vom Walzer bis zum Cha-cha-cha und Tango. Und ein Charmeur ist der Hansi obendrein. Und gescheit, und witzig. Und recht fesch ist er.
Ein bissl zu jung wär er für mich, der Hansi. Wenn ich mich anstrengen würde, vielleicht......
Aber ich will mich eh nicht anstrengen. Weil so ganz mein Typ ist der Hansi nicht. Die Lippen. Es sind die Lippen. Der Hansi hat Lippen wie eine Frau. Sagt die Sonja. Wie die Angelina Jolie, sagt sie. Der Meinung bin ich nicht. Ich sag eher, so wie der Gusenbauer. Und dem Gusenbauer seine Lippen gefallen mir gar nicht.
Mir gefallen ohnehin nur schmale Lippen beim Manne. Aber darüber schreibe ich nun nicht. Und ich schreib auch nicht über die Lippen vom Hansi.
Jedenfalls rief mich die Sonja am letzten Wochenende an:
Amadea, der Hansi ist in Graz und wir zwei fahren nach Wien. Ich will einkaufen in Wien und a bissl was anschauen. Und wir wohnen beim Hansi. Der hat a nette Wohnung und wir sind allein da und haben es gemütlich.
Und da sind wir eben nach Wien gefahren.
Und die Sonja war noch nie in der Wohnung vom Hansi und ich auch nicht.
Der Hansi hat uns den Schlüssel im Vorhaus in die Bassena gelegt, unter den Blumenstock. Aus der Bassena rinnt kein Wasser mehr. Die ist nur mehr ein Blumenübertopf. Wir haben den Schlüssel auch gleich gefunden.
Bei der Hinfahrt haben wir uns ausgemalt, wie dem Hansi seine Wohnung wohl aussieht. Und ich sagte: Der hat sicher eine tolle Wohnung, ganz minimalistisch und ohne Schnickschnack, alles Leder und Chrom und da und dort ein altes Kastl vom Flohmarkt. Und Sonja sagte: Ja und bestimmt ein großes Futon und Seidenbettwäsche.
Und dann kommen wir in die Wohnung und da trifft uns der Schlag.
Alles vollgeräumt vom Boden zur Decke, und da seh ich nun den Hansi vor mir, adrett in Hemd und Retro-Jeans mit den Gusenbauerlippen und der passt so ganz und gar nicht da herein.
Da sind hunderte von blauen Kugelschreibern und hunderte von gelben Kugelschreibern und hunderte von roten Kugelschreibern und hunderte von Bleistiften und die Bücher aufgestapelt und verstaubt und Zettel überall und Zeugs und die Fenster zugehängt mit Sprüchen und Zettel an der Mikrowelle und sonst auch überall und genau notiert von wann bis wann alles eingeschaltet war und das Licht gebrannt hat und im Bad Gratis-Proben-Flascherl und Gratis-Proben-Packerl und Gratis-Proben-Doserl und Gratis-Proben-Tuberl von Hilfiger, Boss und Lancôme.
Und überall Staub.
Und ein Zetterl am Kühlschrank für uns, dass wir ihn plündern dürfen. Wir machen ihn auf um ihn zu plündern und wir finden zwei Kindermilchschnitten, die über ein Jahr abgelaufen sind. Und wir schmeißen sie in den Mistkübel, der überquillt. Und wir finden die Teebeutel, die aufgehängt sind zum Trocknen und Wiederverwenden und wir sind sprachlos. Und wir schauen uns um nach Essbarem und alles ist abgelaufen und der Sonja wird schwindelig und mir auch und wir finden keinen Platz zum Hinsetzen und sind ganz durcheinander. Fast so durcheinander wie die Wohnung.
Wir bleiben nur eine Nacht und ich träume, dass die Bleistifte mich aufspießen und ich begraben bin unter all dem Ramsch und bevor wir gehen, legen wir den Schlüssel wieder in die Bassena unter den Blumenstock und fahren nach Hause. Zu Hause bemerke ich, dass ich einen Kugelschreiber vom Hansi mitgenommen habe. Aus Versehen. Mehr oder weniger. Ich habe vergessen, ihn zurückzustellen. Aber das ist ja wurscht, wo er doch Hunderte hat.
Am nächsten Tag ruft die Sonja den Hansi an und fragt, ob eh alles in Ordnung ist. Der Hansi sagt: Nein, es fehlt ein Kugelschreiber. Den habt ihr gestohlen.
Ich glaub, ich rufe heute noch den Hansi an und sage ihm die Telefonnummer eines guten Therapeuten durch. Aber ich besinne mich, stecke den Kugelschreiber in ein Kuvert, und rufe die Sonja an wegen der Adresse vom Hansi.
Wenn er das nächste Mal kommt auf Sommerfrische, und wir gehen tanzen, dann hau ich ihm den Stöckelschuh in’s Schienbein, dem Hansiburli.

1 Kommentar:

saxana hat gesagt…

so ein Pech aber auch. Es ist nicht alles Gold ..........