Montag, April 30, 2007

markensammlung


Wollen’s die Markerl, Frau Amadea?
Hamma Lebensmittelrationierung? Nein, ich will die Markerl nicht.
Wenn Sie sechzig beisammen haben, bekommen Sie eine Thermosflasche, eine blaue. Mit siebzig bekommen’S ein Set Steakmesser und mit neunzig ein Service. Das sollten Sie sich nicht entgehen lassen.
Hören Sie, gute Frau. Eine Thermosflasche brauch ich nicht, ich bin kein Schichtarbeiter. Auch wenn sie blau ist, brauch ich keine. Messer hab ich und ein Service auch.
Vielleicht nehmen Sie den Kundenpass, Frau Amadea. Jedes Mal, wenn sie über 20 Euro einkaufen, bekommen’S an Stempel und dann wenn sie zehn Mal voll haben, ein Geschenk.
Was für ein Geschenk?
Na, eine Thermosflasche, eine gelbe oder rote, Sie können sich das aussuchen.
Ich brauch keine, hab ich Ihnen schon gesagt, weder eine blaue noch eine rote und auch keine gelbe. Und Stempel haben etwas Anrüchiges. Außerdem habe ich schon einen Kundenpass. Könnten Sie bitte nun weitertippen da auf der Kassa, ich habe es eilig und ich brauch nix.
Sie tippt beleidigt.
Frau Amadea, Sie haben noch keinen Kundenpass, Sie haben nur eine Kundenkarte. Die brauch ich jetzt.
Ich frage nun nicht, was der Unterschied zwischen Kundenkarte und Kundenpass ist und gebe ihr die Karte. Sie hält sie an den Scanner.
Danke, sagt sie.
Und nun, frage ich? Wozu war das nun?
Es hätte sein können, dass es billiger wird. Aber Sie haben nicht das Richtige gekauft.
So ein Pech aber auch. Was wäre denn das Richtige?
Heut hamma die Frotteesocken im Angebot. Fünf Paar. Und wenn Sie die kaufen würden, dann würde das hier billiger werden.
Ich brauche keine Frotteesocken, gnä’ Frau. Wieviel billiger wären die wenn ich sie bräuchte?
Ich denke an den Vatertag, der nicht mehr allzu weit ist.
Das kommt darauf an.
Worauf?
Wie oft Sie kommen.
Ach ja? Merkt sich die Kassa das vielleicht?
Das Gesicht der Kassiererin wird fischbauchweiß. Sie ärgert sich und ich habe den Eindruck, sie weiß nun nicht so recht, was sie sagen soll.
Was könnte ich noch kaufen, damit es billiger wird?
Ich will sehen, wie das funktioniert.
Sie könnten die Hendlhaxen kaufen, die in der Riesenfamilienpackung.
Ich brauche zwar keine Riesenfamilienpackung Hendlhaxen, aber nun will ich es wissen. Ich eile vorbei an der Warteschlange hinter mir. So, als ob mich das gar nicht kümmern würde. Natürlich kümmert es mich. Ich versuche, den einzelnen Gliedern der Warteschlange nicht ins Gesicht zu schauen.
Und ich komme zurück mit der Familienpackung Hendlhaxen.
Die Kassiererin tippt den Preis ein.
Statt 16.49 kosten sie nur 16.29. Na toll, zwanzig Cent gespart.
Und was nun, Frau Kassier? Warum hab ich eigentlich diese Kundenkarte?
Na, schauen’S auf den Preiszettel. Da bekommen Sie etwas billiger.
Ich schaue. Zwei Packungen Mozzarella um zwanzig Cent billiger. Den kann ich gebrauchen.
Warten Sie, sag ich, ich nehme den Mozzarella gleich mit. Ich eile wiederum vorbei an der Warteschlange, die nun noch etwas länger geworden ist.
Ich bezahle meinen Mozzarella. Nun hab ich aber eingespart.
Sie, da vorn, vielleicht brauchen’S noch was. Wir ham’s grad so schön gemütlich da, sagt ein alter Mann.
Sie haben eh Zeit, san doch eh in der Pension, sag ich. Heut ist so ein schöner Tag, freuen Sie sich doch. Und Sie kennen das eh von früher. Die Lebensmittelmarkerl und das stundenlange Anstellen um einen Wecken Brot.
Werden’S nicht frech da, sagt er grimmig.
Ich schenke ihm mein schönstes Lächeln.
Ich bin schon fast fertig, da fällt mir noch was ein.
Entschuldigen Sie, Frau Kassier, ich hätt nun doch gern die Markerl.
Das freut mich aber, Frau Amadea.
Sie gibt mir neun Markerl und grinst wie ein Hutschpferd.
Das geht sich wunderbar aus, sage ich und verteile die Markerl an die Leute in der Warteschlange.
Sie bekommen zwei, sage ich zum Pensionisten. Für die Thermosflasche, die blaue. Man weiß nie, ob die Zeiten nicht wieder schlechter werden.

6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Sans froh, Frau Amadé, dass net in Amerika wohnan. Do geht gor nix ohne Markerl und Karterl.
titscha

Anonym hat gesagt…

Hutschpferd - wsnds?

Anonym hat gesagt…

Grinsen tun wir "wie ein Honigkuchenpferd", t.m. Ein Hutschpferd ist meiner Meinung nach ein Schaukelpferd.mgsq

amadea's world hat gesagt…

Jo, teach - mir hot eh London scho g'reicht.


t.m. - fusserl hat's erklärt - Schaukelpferd.


Fusserl - des is wienerisch :-)

Hutschpferd Schaukelpferd. "Grinsen wie ein Hutschpferd" = besonders breit und glückselig grinsen

Have a look:
http://www.janko.at/Wienerisch/Lexikon/h.htm

Anonym hat gesagt…

Ich hab noch nie ein Schaukelpferd grinsen sehen. Pferde grinsen ja überhaupt recht selten. Bei Eseln ist es anders:

[...] und dabei so süss lächelte wie ein Esel, der den Kopf in ein Syrupfass gesteckt hatte und sich wohlgefällig die Schnauze ableckt. (Heinrich Heine, Die Nordsee)

amadea's world hat gesagt…

Sehr nett, T.M. - Es heißt auch - Grinsen wie ein frisch lackiertes Hutschpferd - Katzen grinsen auch - britische - to grin like a Cheshire cat