Dienstag, März 27, 2007

liebe


Du kennst diesen kleinen Kerl auch, gell?
Diese Heftklammer, die da manchmal erscheint.
Da auf dem Bildschirm rechts unten.
Diese Heftklammer, die da herumblinzelt und dich nervt weil sie dich immer wieder fragt und nicht eher aufhört, bis du antwortest. Und dann gefällt ihr die Antwort nicht und sie fragt dich wieder. Und dann blinzelt sie, mehrmals, wissend oder unwissend, je nachdem.
Bei mir blinzelt sie eher unwissend.
Wer hat eigentlich diese blöde grinsend blinzelnde Heftklammer erfunden? Sicher der Herr Microsoft.
Und ich blinzle auch zurück, aber nicht unwissend, sondern ungeduldig.
Aber das scheint diese Heftklammer nicht zu stören.
Sie grinst, blinzelt und fragt nach wie vor.
Diese Heftklammer ist keine weibliche Heftklammer.
Sie ist ein Mann. Sie ist ein Klammer. Klammeraff wäre ein netter Name für ihn. Aber den gibt es ja schon.
Also nenne ich ihn einfach Klammer. Der Klammer.
Und er gebärdet sich auch wie ein Klammer. Er klammert. Sich fest da unten.
Du setzt dich fröhlich an den Computer und tippst lächelnd und guter Dinge und auf einmal ist er da.
Der Klammer.
Und schon fragt er: „Amadea, mir scheint du willst einen Brief schreiben. Soll ich dir helfen?“ „Nein, du sollst mir nicht helfen. Ich kann das allein. Ich habe schon in der Schule gelernt, wie man einen Brief schreibe. Also schleich dich.“
Aber er hört nicht. Er schleicht sich nicht. Obwohl du ihn weggeklickt hast.
Amadea, das sieht nach Brief aus. Ich bin sicher, du brauchst meine Hilfe.“ Und er grinst und blinzelt der Klammer, der Aff.
„Nein, ich brauche nicht deine Hilfe. Und ich schreibe auch keinen Brief.“
Amadea, du hast Liebe geschrieben. Ich bin sicher, du schreibst einen Brief. Ich helfe dir nun“. Und schon schreibt der Klammer das Datum hin.
In Zahlen!
Wo ich Datum nur in Zahlen gar nicht mag. Zahlen mit Gedankenstrichen dazwischen.
Ich schreibe niemals zwischen Zahlen Gedankenstriche. Ich schreibe nur Gedankenstriche, wenn ich oder der, der das liest, was ich schreibe, kurz denken soll.
Beim Datum gibt es nichts zu denken. Das Datum liest man und aus.
Außerdem gibt es viel mehr zu denken wenn man statt eines Dreiers März schreibt. Weil beim März denk ich an Schneeglöckerl und Märzenbecher, auch ohne Gedankenstricherl.
Beim Dreier denke ich an die Note Befriedigend. Wie langweilig.
Es mag ja auch Leute geben, die beim Dreier an was anderes denken als an Befriedigend.
Ich nicht. Als Lehrerin denkt man an Befriedigend.
Ein Pfarrer würde an die Dreifaltigkeit denken.
Der eine oder andere würde an einen flotten Dreier denken. Vielleicht ja auch der Pfarrer.
Mein Uropa hätte an Zigaretten gedacht, an das Packerl Dreier.
Und ein Lottospieler denkt beim Dreier an seinen letzten Tipp. Wenn er keinen Sechser hatte.
Und der Klammer liest Liebe und denkt an Brief !
Wer denkt beim Wort Liebe an Brief ?!
Der Erfinder des Klammers war sicher ein Beamter. Nur ein Beamter denkt an Brief wenn er das Wort Liebe hört.
Wenn ich Liebe schreibe, dann heißt das nicht, dass ich auch einen Brief schreibe, Herr Klammer. Herrschaftzeit’n!
Und auch wenn ich einen Brief schreibe, dann will ich ihn allein schreiben und so wie ich es mag und nicht wie Herr Klammer das mag.
Außerdem schreibe ich keinen Brief.
Ich schreibe ein Gedicht. Ein Gedicht, das mit Liebe anfängt.
Nicht nur Briefe fangen mit Liebe an, auch Gedichte!
Und man kann auch ein Gedicht über die Liebe schreiben wenn man oben das Datum hinschreibt.
Warum nicht?
Vielleicht will ich im Altersheim wenn ich meine Gedichte lese, wissen, dass ich es am 27. März geschrieben habe?
Jeder kann Gedichte so schreiben, wie er will.
Mit oder ohne Datum.
Ich schreibe jedenfalls nun keinen Brief.
Ich schreibe ein Gedicht.
Ein Gedicht, das mit mit Liebe beginnt und bei dem oben das Datum steht.
Ohne Gedankenstricherl und Dreier, dafür mit März.
Alles klar, Herr Oberlehrerklammeraff?

26. März 2007
Liebe meines Lebens,
ich suchte vergebens,
doch nun bist du da,
hurra.

6 Kommentare:

Zechbauer hat gesagt…

Großartig.

Anonym hat gesagt…

Bemerkenswert ist, liebe madame, diesem Office-Assistenten ein Geschlecht zu verpassen. Von der Seite hab ich das noch nie betrachtet. Aber ich muss mich dem anschliessen, sicher männlich (in seiner Altklugheit) und irgendwie auch kindlich.

Man darf es nicht zu streng sehen. Ich behaupte, dieser Assistent ist eine der wenigen wirklich kreativen Leistungen von Microsoft, wenn auch noch weit vom Stadium einer gewissen, notwendigen Brauchbarkeit entfernt. Es ist eine Art "frühe Studie" und ich nehme an, es wird in einigen Jahren mehr und mehr so etwas geben, lernfähige, personifizierte Helfer- und Begleiterlein durch die virtuelle Welt.

amadea's world hat gesagt…

danke, zechbauer :-)
t.m - er ist männlich. Im Englischen heißt er Mister Clippy, glaub ich.

Martha hat gesagt…

Ich hab dieses HeftklammerDings gar nicht. Komisch. Obwohl, wenn ich mir das so durchlese bin ich sogar froh darüber ;D

Oles wirre Welt hat gesagt…

Mit Wortvervollständigungen kann man Nerven aufreibende Fehden oder auch eine Menge Spaß haben. Und manchmal sorgen sie für toll geschriebene Geschichten. Wie hier.

amadea's world hat gesagt…

man kann den mista clippy wegklicken, nephi.

ole - freut mich, dass es gefällt ! danke.