Sonntag, April 26, 2009

monolog


Du sitzt in der Straßenbahn und der Sitznachbar neben dir führt eine anregende Diskussion mit sich selbst.
Du denkst dir: Mein Gott, dieser einsame Mensch. Er hat keine Familie, ist ständig allein und muss sich selbst unterhalten.
Das ist nicht bedenklich, sagen Psychologen.
Das ist sogar gesund. Selbstgespräche sind verbale Ausbrüche unserer ständigen gedanklichen Reflexion, die eigentlich über die sogenannte innere Stimme ablaufen sollte, aber bei zerstreuten Menschen eben laut ablaufen. Und diese zerstreuten Menschen müssen ihre Gedanken ständig neu ordnen.
Dieses Phänomen hat in den letzten Jahren massiv zugenommen. Die Anzahl der zerstreuten Menschen hat sich verhundertfacht.
Ich rede nicht vom Kollegen, der neben mir im Konferenzzimmer lautstark sagt: So, das räum ich nun hier her. Und das gehört da hinein. Wo sind denn die Mathe-Hefte? Ich muss die ja heute noch anschauen.
Nein, von dem rede ich nicht. Den bin ich schon gewohnt.
Ich rede von den hunderten Menschen, die durch die Gegend laufen und Selbstgespräche führen, dabei wild gestikulieren, lachen und sogar manchmal schreien.
Ein Heer von Zerstreuten und Einsamen!
Das Erstaunliche daran ist: Niemand reagiert darauf, niemand nimmt Anstoß, niemand ist peinlich berührt.
Und warum?
Weil jeder Selbstgespräche führt! Jeder!
Für jeden ist es normal. Sogar für mich.
Sogar ich rede manchmal laut auf der Straße. Ja, auch ich.
Mit meinem Handy. Und – komischerweise – manchmal bin ich auch zerstreut.

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Das Schlimme an der SAche: Manchmal fühle ich mich angesprochen und möchte erwidern. In letzter Sekunde sehe ich dann einen Knopf im Ohr ... und schweige.
liegrü teach

schneck08 hat gesagt…

die tochter macht das auch schon. insbesondere, wenn sie schimpft.

amadea's world hat gesagt…

Schweigen ist immer gut - ich söllte öfter...

schneck - ich finde schimpfende, kleine mädchen sehr nett!