Montag, September 22, 2008

fly away


Nun dauert es Gott sei Dank wieder ein Jahr, bis ich den Koffer für den Urlaub packen muss.
Es ist eine Qual. Die ganzen Vorbereitungen für den Urlaub sind eine Qual.
Ich frage mich manchmal, warum wir in ein Land fliegen, in dem wir uns überhaupt nicht auskennen. Und dann, wenn wir uns auskennen und wissen, wo der schönste Strand, das beste Restaurant und die tollste Bar sind, fliegen wir wieder nach Hause. Urlaub machen wir alle, um uns wirklich zu erholen und wir wollen alle dahin fahren, wo sonst keiner ist.
Aber das will jeder. Und so ist jeder da, wo er meint, dass da sonst keiner ist.
Und jeder ist genervt weil er nur von Urlaubern umgeben ist. Von tausenden Urlaubern.
Die Misere beginnt schon zu Hause. Diese Packerei. Und die ganzen Vorkehrungen für die Zeit, in der du weg bist.
Du brauchst jemanden, der die Katze füttert und die Blumen gießt. Du findest aber niemanden. Weil alle Nachbarn sind weg.
Und die, die nicht weg sind, gießen die Blumen und füttern die Katzen der Nachbarn. Dann musst du dafür sorgen, dass keiner dein Haus ausräumt. Du musst dem Briefträger Bescheid sagen, dass er die Post nicht zustellt, sondern sie im Postamt am Regal fein säuberlich aufstapelt bis du wieder da bist.
Du musst die Alarmanlage überprüfen lassen und dein elektrisches System so einstellen, dass sich das Licht am Abend automatisch einschaltet und wiederum ausschaltet sobald die Sonne aufgeht.
Das Schlimmste aber ist das Kofferpacken. Für die Frau.
Mann hat es da einfacher. Mann beginnt zwei Stunden vor der Abreise.
Als Frau beginnst du zwei Wochen vor dem Urlaub. Du nimmst alle Medikamente mit, die du hast. Man weiß ja nie was alles passieren kann.
Und die leidige Unterwäsche. Die Frau nimmt doppelt so viele Höschen mit als der Urlaub Tage hat.
Der Mann nimmt zwei Unterhosen mit. Eine zieht er an, die zweite wäscht er aus.
Der Mann hat auch kein Problem mit den Schuhen. Der Mann braucht keine Schuhe. Er hat ein Paar Schuhe mit, am Strand geht er barfuß.
Eine Frau braucht flache Schuhe, Sandalen, high heels für den Abend, dann die mit den Pailletten, falls sich die Gelegenheit ergeben sollte, das Abendkleid anzuziehen, und dann die Turnschuhe. Die sind für‘s Wandern.
Das sind zehn Paar Schuhe. Und damit ist der Koffer voll.
Nun hast du endlich den Koffer gepackt und es ist Zeit, zum Flughafen zu fahren. Du fliegst natürlich am Morgen, weil du ja vom Tag noch was haben willst und wenn du nicht in der Nähe des Flughafens wohnst, musst du um drei Uhr morgens wegfahren, weil es über eine Stunde dauert, bis du dort bist.
Außerdem musst du zwei Stunden vor dem Einchecken da sein. Dann kommst du endlich an, saumüde, weil du am Abend nicht einschlafen konntest weil du ständig daran gedacht hast, ob du wohl nichts vergessen hast und dann hat um zwei Uhr morgens der Wecker geläutet und dann siehst du tausende andere grantige Urlaubshungrige die auch um zwei Uhr aufgestanden sind.
Außerdem bist du genervt weil dein Mann überpünktlich ist und dich ständig angelabert hat mit: Beeil dich doch, wir sind schon spät dran.
Warum haben unpünktliche Frauen immer überpünktliche Männer und umgekehrt?
Dann kommst du endlich zum Checkin.
Das ist der Höhepunkt des morgendlichen Abenteuers.
Und nun diese Frage: Haben Sie den Koffer selbst eingepackt?
Ja.
Es sagt jeder ja. Jeder!
Du sagst ja obwohl es durchaus sein kann, dass dein Mann noch schnell die Halterlosen und die Strapse in deinen Koffer gesteckt hat.
Bist du dir sicher? Nein, du bist dir nicht sicher. Aber du sagst einfach ja. Ohne nachzudenken.
Dann die zweite Frage: Hat Ihnen jemand angeboten, etwas für ihn mitzunehmen?
Die Antwort ist ebenfalls ja!
Ja, da kam dieser Mann im Trenchcoat und mit dunkler Brille und hat mich gefragt, ob ich dieses Paket für seinen Bruder mitnehmen kann. Der wartet am Zielflughafen.
Scherz beiseite. Solche Fragen sind wichtig.
Terroristen, die eine Bombe mit haben, lügen niemals. Niemals!
Endlich hast du eingecheckt. Und nun hast du Zeit. Endlos viel Zeit. Zeit, die du sonst nie hast. Aber das nützt dir nichts! Du kannst nichts tun. Du kannst nur warten. Oder einkaufen!
Warten ist anstrengend weil Tausende von Leuten auch warten und kein Platz mehr frei ist. Also gehst du ins DutyFree Geschäft. Und du kaufst Dutyfreeparfum, Dutyfreewhiskey, Dutyfreepralinen, Dutyfreewein. Und du hast fünfzig Cent gespart und schleppst das ganze Graffl tausende von Kilometern mit und wieder zurück.
Um sechs Uhr früh gehst du in das einzige Cafe, das es gibt, lehnst am Stehtisch mit dir völlig Fremden, trinkst ein Bier, das fünf Mal so teuer ist wie zu Hause weil du das Urlaubsfeeling haben willst und wartest.
Du wartest und wartest. Und mit dir warten Tausende andere. Sie warten und warten. Und schauen grantig.
Und du denkst daran, wie gemütlich es nun zu Hause wäre, ganz allein im Bett, Zeitung lesend, den Kaffee am Nachttisch und Ruhe. Wohlige Ruhe. Niemand da, der dich stört, kein einziger Mensch da. Alle im Urlaub.
Und nach drei Stunden steigst du endlich ins Flugzeug, das Verspätung hatte, zwängst dich in den Sitz, schließt deine Augen und nimmst dir vor, so wie jedes Jahr, den nächsten Urlaub allein zu Hause zu bleiben.

3 Kommentare:

-K- hat gesagt…

I love your Aran Island photos.

saxana hat gesagt…

Wieder mal grandios dem wirklichen Leben abgeschaut. Deshalb bleibe ich immer zu Hause. Obwohl zur Zeit ist es in Portugal noch warm und in Griechenland auch.

amadea's world hat gesagt…

thanks, k !

danke, saxana. aber nun bei dem sauwetter wär's schon ganz nett in der wärme.