Sonntag, Juni 15, 2008

some things never change


Wenn es an unserer Schule etwas Außergewöhnliches gibt, dann bin ich diejenige, die das fotografiert. So auch dieses Mal.
Betriebsausflug.
Ich habe viele Fotos gemacht.
Ich habe einen Berg, einen Wasserfall, eine Kuh und ein Lama -vom Streichelzoo- fotografiert. Ich habe drei Fotos von Kollegen, die in Reih und Glied vor dem Heustadl ihre Notdurft verrichten. Ich habe zweihundertfünfzig Fotos vom geselligen Beisammensein.
Die Lehrer beim Essen, die Lehrer beim Zuprosten, die Lehrer beim Trinken, die Lehrer beim Singen, die Lehrer beim Verbrüdern, die Lehrer beim Zuprosten, die Lehrer beim Trinken, die Lehrer beim Trinken, die Lehrer beim Trinken.
Der Großteil des Betriebsausflugs findet sitzend in Bus und Gasthaus bei Bier und Wein statt. Lehrerbetriebsausflüge sind vor allem laut.
Bevorzugte Themen: Witze und Anekdoten. Die Witze sind alle unterhalb der Gürtellinie und politisch inkorrekt.
Anekdoten haben immer mit früheren Betriebsausflügen zu tun und beginnen immer mit dem Satz: Wisst’s es no?
So auch dieses Mal: Wisst’s es no, als wir damals in Südtirol beim Törggellen waren? Es gibt keine Schule in Österreich, die anlässlich eines Betriebsausflugs nicht in Südtirol beim Törggellen war.
Wisst’s es no, als der Helmut so besoffen war, dass er sein Zimmer nicht mehr fand? Es gibt keinen Betriebsausflug, an dem nicht mindestens ein Lehrer, immer männlich, sein Zimmer nicht mehr findet.
Im günstigen Fall verirrt sich dann der Lehrer, der meist fortgeschrittenen Dienstalters ist, in ein Zimmer einer Junglehrerin im ersten Dienstjahr, die aufgrund vermehrten Alkoholkonsums den Schmeicheleien und Zuwendungen des älteren männlichen Kollegen nicht abgeneigt ist.
Im ungünstigen Fall ist das Zimmer der Junglehrerin versperrt und der ältere, männliche Kollege irrt eine Stunde von Stockwerk zu Stockwerk, um dann doch einen freundlichen weil besoffenen Kollegen zu finden, der nicht merkt, dass sich ein anderer zu ihm ins Bett legt.
Dieses Mal hatten wir einen besonderen Betriebsausflug. Gibt es etwas Schöneres, auf Betriebsausflug zu fahren, mit der Gewissheit, dass wir am Montag die Deutschen im Fußball panieren werden?
Der heurige Slogan beim Betriebsausflug war demnach: Wisst’s es no in Cordoba? Das Wort Cordoba hörte ich an diesem Wochenende ungefähr hundertfünfzig Mal – in allen Varianten. Geflüstert, gerufen, gebrüllt, gesungen, gelallt.
Der zweite Slogan war: Wisst’s es no, am Freitag, als wir in der dreiundneunzigsten Minute gegen Kroatien . . .?
Als ich sagte, dass ich das Tor nur gesehen hatte, weil ich dachte, das Fußballspiel sei schon zu Ende, konnte ich mich gerade noch ducken. Sonst hätt ich eine auf die Birne bekommen.
Kaum angekommen im wunderschönen und zwei Grad kalten Osttirol im achthundert Jahre alten Tauernhaus, versammelten sich alle vor der Riesenleinwand. Holland gegen Frankreich.
Mir persönlich gefielen ja die hellblauen Stutzen der Holländer nicht. Wie kann man hellblau und orange kombinieren? Irgendwie erinnerte mich das Spiel an Tischfußball, so wie die dahin liefen. Aber irgendwie nett anzuschauen, die bunten Manderl auf dem giftgrünen Rasen mit dem roten Schiri in der Mitte und den Zuschauern dahinter, die aussahen wie rote Geranien.
Als das erste Tor fiel, Jubel. Ich kapierte das nicht ganz und fragte ob es für Österreich ein Vorteil sei, wenn die Holländer gewinnen würden.
Nein, das ist wurscht - antwortete Robbie, unser Fußballfreak, auf die Frage, warum dann alle für die Holländer seien, und - Die Holländer sind einfach geiler.
Aber die Franzosen sind bessere Liebhaber, warf ich ein. Aber es war niemand meiner Meinung, nicht mal meine Kolleginnen.
Rasieren sich die Fußballer auch ihre Beine so wie die Radler? fragte ich den Gü, unseren Rennrad fahrenden Kollegen, der pro Jahr vierzehntausend Kilometer radelt. Er wusste es nicht, gab uns aber zu verstehen, dass er rasierte und eingeölte Männerbeine in Radlerhosen toll fände. Seine Freundin, sagte er, bekäme immer einen Orgasmus, wenn sie ölige, glatte Männerbeine sähe.
Ich finde haarige Männerbeine erotisch, sagte ich, aber Orgasmus bekomm ich deswegen keinen. Außerdem haben behaarte Männerbeine den Vorteil, dass man die Krampfadern nicht so gut sieht.
Wo käme man denn hin, wenn Frau wegen eines Männerbeines einen Orgasmus bekäme? Da wären ja all die Orgasmusbücher umsonst, wenn das so einfach wäre.
Sicher vorgetäuscht, sagte ich zu Gü und – Über den Orgasmus reden wir nun nicht – aber der Gü hörte das nicht mehr, weil die Musiklehrerin schon das nächste Lied anstimmte. Marina, Marina, Marina. Dann kam noch Der Wildschütz, Weil’st a herz host wia a Beagweak und zum Schluss der Andachtsjodler.
Als das dritte Tor fiel, fielen mir die Augen zu.
Ich ging ins Bett.
Am Morgen beim Frühstück war der erste Satz, den ich hörte: Wisst’s ihr noch voriges Jahr? Da hat der Tim sein Zimmer auch nicht gefunden.
Some things never change.

3 Kommentare:

saxana hat gesagt…

Als wäre ich dabei gewesen. Bei uns war es nie so unterhaltsam wie bei Dir, weil keine Männer - außer Religionslehrer - dabei waren.

Anonym hat gesagt…

Danke Amadea, dass wenigstens du dich nicht vom Fußballtaumel korrumpieren lässt - bald müssen wir uns nix mehr über Cordoba anhören....HURRA

amadea's world hat gesagt…

saxana - Immer wenn Betriebsausflug ist, bin ich genervt. Und dann isses immer sehr lustig. In diesem Jahr hat es mich ganz schlimm erwischt. Ich kam gar nicht ins Museum rein, vier Kollegen haben mich gleich mitgeschleppt. Ach wie schön - der Mittelpunkt in einer Männerrunde zu sein - auch wenn sie besoffen sind. Wie bescheiden man doch wird.

katiza - Um zu taumeln kenn ich mich viel zu wenig aus. Ich schalt immer eine Minute, bevor ein Tor fällt, den Fernseher ein.