Sonntag, Mai 04, 2008

animal farm


Meine Cousine sagte letzte Woche zu mir: Ich bin mir sicher, wir würden kein Fleisch essen, könnten wir mit den Tieren reden.
Das kann gut sein, sagte ich. Es würde vermutlich davon abhängen, welcher Art die Gespräche sind.
Stell dir vor, Eva, sagte ich, du sitzt am Tisch mit einem Hühnerpärchen, das du gut kennst. Und ihr redet von diesem und jenem.
So ein Sauwetter. Bin gespannt, wann es endlich warm wird. Und – Wir waren zu Ostern auf den Kanaren, aber wir wissen noch nicht, wohin wir im Sommer fahren werdensagen die beiden. Diese Art von Smalltalk.
Und stell dir vor, ihr bestellt und nach einiger Zeit kommt das Essen, und gleichzeitig bestellt ihr eine Flasche Wein und dann noch eine und vielleicht noch einen kleinen Schnaps. Und nach und nach wird das Gespräch lebhafter und intensiver. Herr Hahn und Frau Henne sind sehr gebildet und an vielem interessiert. Sie lesen beide die rosarote Zeitung und Herr Hahn studiert jeden Morgen die Börsenkurse und Frau Henne kennt sich mit Kunst aus. Ihr redet über das Weltgeschehen und nach kurzer Zeit und reichlichem Alkoholkonsum wird das Gespräch philosophisch und es fallen Namen wie Hegel und Wittgenstein und es dauert nicht lange, da redet ihr über Massentierhaltung von Schweinen, Hühnern und Kühen. Und auf einmal, irgendwann, mitten im Gespräch, hast du diesen Gedanken.
Diesen wahnsinnigen, abscheulichen Gedanken: Ich könnte die beiden nun mit nach Hause nehmen, ihnen den Kragen umdrehen, sie rupfen, ausnehmen, zerlegen und braten, sie langsam rösten, mit Knoblauch, Kräutersalz und etwas Zitronensaft und sie danach essen, gemeinsam mit Rosmarinkartoffeln und einem grünen Salat. Aber nein, das geht doch nicht, denkst du und du denkst schnell an etwas anderes.
Ich kann doch diese beiden da nicht essen. So klug, so witzig wie die sind. Niemals kann ich die essen. Niemals in meinem Leben.
Und ich verabschiede mich und gehe schnell nach Hause. Ich bin ganz durcheinander und schlafe lange nicht ein.
Am nächsten Tag bin ich blau, aber der Alltag ruft und vergesse das alles und in der Mittagspause gehe ich mit einer Kollegin essen und sie bestellt sich gebratene Hühnerbrust im Salatbett und da fällt mir alles wieder ein.
Dieser Traum, den ich hatte, und ich will schon fast sagen: Du kannst das nicht essen!
Aber ich sage nichts, die hält mich dann für komplett verrückt und ich bestelle einen Salat.
Ich erzähle ihr, dass ich in letzter Zeit immer so eigenartig träume, aber die Kollegin hört nicht zu.
Das Essen wird serviert, die Kollegin führt gerade die Gabel mit einem Stück Huhn zum Mund.
Und auf einmal höre ich es. Das kann doch nicht sein! Ich höre es ganz deutlich. Ein leises Gackern, ein Wimmern. Ein Schluchzen.
Aber ich höre nicht darauf. Ich habe Angst, verrückt zu sein.
Und dann sagt die Kollegin laut: Gestern war Millionenshow. Hast du geschaut? Ich verneine. Da war diese Frage. Diese Frage nach dem Autor eines Zitates. Hättest du das gewusst? Also, von wem ist folgendes Zitat: "Alle Tiere sind gleich. Aber einige Tiere sind gleicher."
Und der Salat bleibt mir im Hals stecken.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

in düsseldorf gab es früher den hühner-hugo, ein beliebter altstadt-grill.

hühner-hegel
hieße es heute.

amadea's world hat gesagt…

Hihi.