Samstag, Oktober 13, 2007

size does not matter

Ich sitze mit meinem Sohn Mike im Restaurant und da seh’ ich am Nachbartisch die Teresa. Mit Ehemann und Tochter.
Ein perfektes Bild. Teresa in der zartrosa Bluse, der Mann im grauen Anzug, die Tochter adrett mit perfekt sitzender Frisur und Vorhangstirnfransen.
Wir begrüßen einander nur flüchtig. Die üblichen Floskeln.
Dabei waren die Teresa und ich in einer Klasse.
Aber wir hatten nichts gemeinsam, die Teresa und ich – ganz im Gegenteil.
Die Teresa hatte einen wahnsinnig großen Busen für eine Dreizehnjährige.
Wenn die Teresa in die Klasse kam, dann sah man als erstes nur Busen. Und als zweites und drittes auch. Die Buben sahen vermutlich ständig Busen.
Die Teresa hatte mit dreizehn den größten Busen, den man sich vorstellen kann und ich hatte den kleinsten Busen, den man sich vorstellen kann.
Wenn ich an die Teresa denke, dann fällt mir immer die Handarbeitsstunde ein.
Ich hasste Handarbeiten.
Ich hasste die Handarbeitslehrerin.
Und ich hasste Teresas großen Busen. Besonders in der Handarbeitsstunde.
Weil da hatte ich Zeit, ihren Busen anzuschauen und mit meinem zu vergleichen.
In der Handarbeitsstunde saß die Teresa gebückt in ihrem Sessel. Die hätte sonst vor lauter Busen ihr Strickzeug nicht gesehen.
Ich saß auch gebückt im Sessel. Aber aus anderen Gründen.
Wenn ich nämlich einen Buckel machte, dann bildete sich vorne – da wo der Busen sein sollte – eine kleine Falte im Pullover und es sah aus, als sei da so etwas Ähnliches wie ein Busen.
Wenn wir nicht mehr weiter wussten, mussten wir hinaus zum Katheder gehen und die Frau Pröll fragen.
Die Teresa stand da draußen nicht gebückt, sondern immer ganz gerade. Und man sah nur Busen und sonst nichts. Und ich schielte auf die Falte in meinem Pullover und war ganz verzagt.
Wenn ich zum Katheder gehen musste, war ich noch immer gebückt. Und ich hielt die Hand vor die Nase. Weil die Frau Pröll hatte den schlimmsten Mundgeruch, den man sich vorstellen kann. Ich musste oft zum Katheder gehen, weil ich blitzdumm war in Handarbeiten und die Frau Pröll schimpfte jedes Mal. Amadea, nun steh mal gerade und hör auf, in der Nase zu bohren. Wie ich sie hasste.
In der vierten Klasse war Teresas Busen überdimensional geworden. Den Buben gefiel das.
Am Samstagabend durfte die Teresa immer ins Vereinsheim gehen. Da war Disco. Ich habe gar nicht gefragt, ob ich da hingehen dürfte. Die Eltern hätten ohnehin nein gesagt. Außerdem wollte ich das nicht. Buben haben mich zu jener Zeit nur von weitem interessiert. An Körperkontakt mit ihnen war ich nicht interessiert. Ich hätte mich da nicht hineingetraut. Außerdem hätte mich keiner angeschaut mit dem nicht vorhandenen Busen.
Die Teresa erzählte mir dann immer. Sie wohnte nicht weit weg von mir und wir hatten denselben Schulweg. Beim Heimgehen wollte ich immer singen mit ihr. Dieses melancholische Herbstlied, dessen Titel mir nun nicht einfällt. Aber sie machte mich wahnsinnig – weil sie die erste Stimme nicht halten konnte. Und es war nur melancholisch wenn man die zweite Stimme dazu sang.
Aber die Teresa wollte eh nicht singen. Sie wollte mir immer ihre Geschichten erzählen. Die Geschichten, die sie mit den Buben erlebt hatte. Die erzählte so unglaubliche Geschichten, dass mir der Mund offen blieb und ich geschockt war. Ich ließ mir das nicht anmerken.
Sie erzählte, dass sie mit zwei Buben gleichzeitig geschmust hatte. Und ich hatte noch nicht einmal mit einem geschmust.
Und dann träumte ich von überdimensionalen Bubenzungen und wogendem Busen und wachte dann schweißgebadet auf.
Einmal erzählte sie, dass sie mit der Marina und dem Hannes und dem Bernhard Strip-Poker gespielt hatten. Vermutlich haben sie nicht Poker gespielt, sondern Quartett. Egal, jedenfalls musste der, der verlor, sich ausziehen. Und dann lagen sie alle nackt in den Betten. Und als ihre Mutter an die Tür klopfte, hüpften die nackten Buben aus dem Fenster.
Ich war entsetzt. Diese Geschichte hat mich noch eine Zeitlang beschäftigt. Ob die Buben, die da aus dem Fenster hinausgehüpft sind, ihre Kleidung mitgenommen hatten, ob sie nicht von irgendjemandem gesehen worden sind. Viele Fragen ungeklärt. All die Jahre über.
Mittlerweile hat die Teresa einen normal großen Busen. Sie hat sich operieren lassen. Bevor sie den Banker kennenlernte. Sie ist eine adrette Bankbeamtin. Freundlich, höflich, zuvorkommend. Für meinen Geschmack ein wenig langweilig.
Die alten Geschichten sind vergessen.
Wir bezahlen. Ich verabschiede mich von Teresa. Bevor wir gehen frage ich sie: Teresa, dein Zimmer lag doch im zweiten Stock, oder? - Ja, warum?
Egal, sage ich und lächle.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Endlich mal ein vernünftiges Thema hier.

amadea's world hat gesagt…

Hihi - Da hat mir meine Freundin Anna gestern gesagt, dass ich schon mehrmals über den Busen schrieb. Fast eine ähnliche Geschichte. Ich habe ein Trauma.
Die andere Geschichte hat als Bild einen BH - falls du sie suchen willst :-)