Montag, Oktober 15, 2007

the postman never rings twice

Wenn jemand an deiner Tür läutet, und du hörst das Läuten beim ersten Mal nicht, dann läutet derjenige ein zweites Mal. Oder ein drittes und viertes Mal.
Jeder macht das so.
Außer einer Person.
Der Briefträger.
Wenn der Briefträger ein Paket für dich hat, das nicht in deinen Briefkasten passt, dann läutet er.
An deiner Tür.
Einmal.
Wenn du da grad auf dem Klo sitzt, hast du Pech gehabt. Dein Paket hat er wieder mitgenommen und du kannst es frühestens am Nachmittag vom Postamt abholen. Vorausgesetzt, der Briefträger ist schon fertig mit Briefaustragen.
Es ist wirklich eigenartig, dass ein Briefträger der einzige Mensch ist, der nur einmal läutet.
Vermutlich gibt es eine Anordnung der Postgewerkschaft, nur einmal zu klingeln.
Ein Mensch wartet kurz nach dem ersten Läuten. Wenn dann keiner rauskommt, klingelt er nochmals. Und eventuell ein drittes und viertes Mal. Und dazwischen wartet er immer ein bisschen. Nur der Briefträger nicht. Ich hab den Eindruck, der klingelt manchmal erst, wenn er schon wieder weg ist.
Immer, wenn es klingelt, bin ich entweder auf dem Klo, in der Badewanne oder in der Dusche.
Ich bin immer nackt oder fast nackt.
Fast immer habe ich nasses Haar.
Ich versuche dann meistens, mich rasend schnell anzuziehen und hoffe, dass nicht der Bürgermeister vor der Tür steht oder der Pfarrer. Weil du willst ja ordentlich angezogen sein und trockenes Haar haben, wenn dich der Bürgermeister oder der Pfarrer besucht.
Meistens schaffe ich es nicht und der- oder diejenige ist weg, wenn ich die Tür öffne.
Und dann ärgert es mich, dass ich nie erfahre, wer da geklingelt hat.
Ich schaffe es ganz selten, mich rechtzeitig anzuziehen.
Einmal schaffte ich es. Da stand der Briefträger vor mir.
Welch Glück! Endlich! wollte ich schon rufen.
Schön, dass Sie da sind, Frau Amadea. Die Frau Berger, die neben Ihnen wohnt, ist auf Urlaub. Kann ich das Packerl bei Ihnen lassen?
Freilich, sagte ich freundlich.
Schon schob er ein Riesenpaket mit vermutlich einem zweistöckigen Kühlschrank innen drin in meinen Flur. Oder einem Garderobenschrank. Jedenfalls riesengroß.
Das war vor zwei Wochen.
Das Riesenpaket steht immer noch in meinem Flur. Wenn ich ins Bad will, muss ich das Paket ins Stiegenhaus raus schieben. Ich bin dann immer komplett fertig.
Gestern Vormittag schaffte ich es endlich wieder einmal, mich rechtzeitig anzuziehen. Ich öffnete strahlend die Tür. Da stand ein Staubsaugervertreter.
Ich bat ihn herein. Fast wär er stecken geblieben zwischen dem Paket von der Frau Berger und der Garderobe.
Das war was! Er war schon blau im Gesicht und atmete ganz schwer, als ich es gerade noch rechtzeitig schaffte, das Paket ins Stiegenhaus zu schieben. Ich gab ihm schnell ein Glas Wasser, bevor ich ihn in’s Wohnzimmer führte.
Gottlob hatte er sich wieder erholt. Ich merkte das daran, dass er mich sogleich fragte, ob er meine Couch absaugen dürfe. Da konnte ich nicht nein sagen.
Ich ermunterte ihn sogar, den Couchsessel zu saugen und danach den Boden. Anschließend führte ich ihn ins Schlafzimmer. Da saugte der die Matratzen ab und den Boden. Fast hätte er die Tuchenten vergessen. Aber danach war er so in Fahrt, dass ich ihn nicht aufhalten wollte, als er unter’s Bett kroch. Nach einer Stunde war die ganze Wohnung blitzblank. Ich bedankte mich mit einer Tasse Kaffee.
Staubsauger kaufte ich keinen. Ich hab ja einen.
Ich war gerade dabei, in die Dusche zu steigen, als es läutete. Und ich schaffte es wieder nicht. Fast hätte ich es geschafft. Ich war schon angezogen. Aber da war dieses Paket von der Frau Berger im Flur. Und ich kam nicht daran vorbei weil ich es nicht ordentlich hingestellt hatte als der Vertreter gegangen war.
Und auf einmal steckte ich fest. Und ich kam weder vor noch zurück. Und da steckte ich. Bis heute Nachmittag. Wenn Lo nicht gekommen wäre, ich würde noch immer da stecken.
Nicht auszudenken. Ich wäre sicher bald ohnmächtig geworden. Oder verdurstet.
Lo hat dann den Schlüsseldienst angerufen. Glücklicherweise war ich nicht nackt, als der Schlosser meine Wohnungstür aufbrach.
Alles, was da passiert ist, ist nicht so tragisch. Wirklich tragisch ist, dass ich nicht weiß, wer da geklingelt hat.

3 Kommentare:

saxana hat gesagt…

Fantastisch Deine Geschichten.

Anonym hat gesagt…

..
Der klingelt erst, wenn er wieder weg ist.
..

Was ein schönes Bild.

amadea's world hat gesagt…

Freut mich, saxana :-)

Ja, 500 - immer! Sag ich ja.

Das Bild entstand in Salzburg voriges Jahr. Die Skulptur gibt es nun nimmer. Das stand da im Hof der Universität. Hat der Künstler wohl wieder abmontieren müssen.