Mittwoch, Juni 13, 2007

hallelujah


Da komm ich gestern heim von der Schule und da steht neben meiner Wohnungstür eine Pflanze.
Eine Pflanze, die da vorher nicht stand.
Eine Nullachtfünfzehnplanze.
Eine, die nicht auffällt.
Aber was auffällt, ist der Topf, in der die Nullachtfünfzehnplanze steht. Es ist kein Nullachtfünfzehntopf. Es ist ein besonderer Topf. Ein besonders hässlicher Topf.
Er ist so hässlich, dass in mir die Wut aufsteigt. Weil der Topf ist lindgrün. Und bei lindgrün sehe ich Rot. Der lindgrüne Topf ärgert mich schon, seit ich in diesem Haus lebe.
Er stand bis jetzt, also bis gestern, an der Eingangstür der Hausmeisterin neben den roten Turnschuhen und dem weißen Blasengel und ich musste mich jedes Mal beherrschen, dass ich dem lindgrünen Topf nicht vor lauter Rot sehen einen Fußtritt verpasste.
Und nun steht der bei meiner Tür. Direkt unterhalb des schönen Fotos im Wechselrahmen, das ich da hingehängt habe.
Das war die Hausmeisterin. Die Hausmeisterin, die unter mir wohnt. Die Hausmeisterin, die seit neuestem diese Crogs hat. Diese Schuhe, die nun jeder hat. Die ihrigen sind gelb. Und bei denen sehe ich genauso Rot wie beim lindgrünen Blumentopf. Na ja, vielleicht ein wenig weniger rot, weil die nicht vor meiner Tür stehen, sondern vor ihrer. Vor ihrer Tür stehen neben den Crogs, den den gelben, auch noch orangene Crogs, die vom Hausmeistermann, und daneben stehen die roten Turnschuhe und neben denen steht der Alabasterengel, der die Trompete bläst. Das ganze Jahr über bläst der die Trompete. Ich würde ja noch verstehen, wenn er nur um die Weihnachtszeit da vor der Tür die Trompete blasen würde. Aber nicht jetzt im Sommer.
Und nun hat die Hausmeisterin die Nullachtfünfzehnpflanze neben meine Tür gestellt, weil sich das vermutlich mit dem Platz nicht mehr ausgeht, seit sie und der Hausmeistermeistermann die Crogs haben. Turnschuhe, Alabasterengel, Crogs, Blasengel und Nullachtfünfzehnpflanze auf einem Haufen sind zu viel.
Dabei wäre es ein Farborgie, eine wunderbare. Rote Turnschuhe, gelbe und orangene Crogs, lindgrüner Blumentopf. Da würde der Blasengel lautstark das Hallelujah blasen vor Freude.
Was glaubt diese Hausmeisterin eigentlich? Ohne mich zu fragen, da etwas hinzustellen. Noch dazu etwas Lindgrünes. Die hat wohl noch nie etwas vom Türrecht gehört?
Das Türrecht ist so etwas ähnliches wie das Fensterrecht. Der Hundertwasser hat gesagt, jeder Mensch hat ein Fensterrecht. Jeder Mensch darf sein Fenster gestalten –wie er will und so weit, wie sein Arm reicht.
Und wenn es ein Fensterrecht gibt, dann gibt es auch ein Türrecht. Das Türrecht besagt aber nicht, dass die Hausmeisterin meine Tür gestalten darf, so wie sie will. Ich bin eh so empfindlich wenn es um mein Revier geht. Wenn ich in einem Flugzeug sitze und neben mir einer, der ganz ungeniert die Armlehne in Beschlag nehmen, die ganze Armlehne wohlgemerkt, so als ob er den ganzen Sitz gekauft hätte, dann krieg ich auch Zustände.
So wie gestern. Dieselben Zustände. Wut und Zorn.
Ich packe die Nullachtfünfzehnpflanze, nehme sie mit in meine Wohnung und verpasse ihr einen neuen Übertopf. Einen schönen aus Korb. Und dann stelle ich sie wieder raus. Wenn sie da schon steht und ich sie gießen soll, dann wenigstens in einem schönen Korb.
Und da komme ich heute Mittag von der Schule nach Hause und was sehe ich? Die Nullachtfünfzehnpflanze steht wieder im lindgrünen Topf. Weg mein schöner Korb. Und ich sehe schon wieder Rot. Aber dieses mal ordentlich Rot. Feuerrot und Höllenrot sehe ich.
Am liebsten hätte ich die Nullachtfünfzehnpflanze genommen und sie mitsamt dem lindgrünen Topf vor die Hausmeistertür gestellt, sodass sie gleich drüberfällt, die Hausmeisterin, wenn sie aus der Wohnung kommt und in ihre gelben Crogs steigt.
Aber ich besinne mich. Ich bin ja ein reifer und überlegter Mensch, der solche Spielchen nicht spielt. Ich werde reden mit ihr. Ganz in Ruhe. Ja, das werde ich tun.
Und dann sehe ich sie. Heute Nachmittag. Sie zupft Unkraut in ihrem Hochbeet. Direkt unter mir. Ich sehe sie vom Balkon aus.
Ich hole tief Luft und rufe hinunter: Sie, Frau Meier. Entschuidigen’S. aber wo ist mein Korb?
Im Keller.
Im Keller?
Ja, in meinem Keller.
Sehr nett, Frau Meier.
Ja, sagt die Frau Meier. Ich habe die Pflanze wieder in den schönen grünen Topf g’stellt, der Ihrige ist ja nicht zum Anschauen. So grauslich wie der ist.
Ich schnaube. Innerlich. Ich lächle. Äußerlich.
Ja, Frau Meier, ich dachte…will ich sagen. Aber ich sage nichts. Ich sage nur: Danke Frau Meier. Danke für die schöne Pflanze und den wunderbaren Topf.
Und dann komme ich heute Abend heim vom Elternabend.
So ein Pech aber auch. Ich habe das Licht nicht eingeschaltet und bin über den Blasengel gestolpert und nun ist der Kopf ab. Und die Trompete auch.
Wie peinlich. Der schöne Blasengel.
Wie sag’ ich das nur der Hausmeisterin?
Na ja, das kann jedem passieren.
Ich werde ihr zum Trost die Nullachtfünfzehnpflanze vor die Tür stellen. Mit dem lindgrünen Topf. Und ich hab da noch irgendwo einen Gartenzwerg im Keller. Mit einem Tannenbäumchen im Arm. Den schenke ich ihr zum Trost.
Obwohl – leicht fällt mir das nicht. Aber ich bin ja ein großzügiger Mensch.

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