Freitag, Juni 01, 2007

haiku


Haikus sind berühmt heutzutage.
Ich weiß nicht einmal ob es der Haiku oder das Haiku heißt. Ich weiß nicht einmal, was es bedeutet. Es klingt wie IQ, aber damit kann es ja wohl doch nichts zu tun haben.
Ich habe von Haikus erst vor einigen Jahren erfahren. Ich habe niemals im Unterricht von Haikus gehört. Und dabei war mein Deutschprofessor, der Herr Thaler, ja wirklich ein belesener Professor und hätte uns bestimmt vom Haiku erzählt. Wir mussten schließlich alles lesen von Beowulf bis Thomas Bernhard.
Ein Haiku ist ein Gedicht, sagt man. Was für ein Unsinn! Ein Text, der sich nicht reimt, ist kein Gedicht. Es ist ein Text. Oder ein Gedankensplitter oder Gedankenfetzen. Auf keinen Fall ein Gedicht.
Anscheinend gibt es das Haiku schon ewig lang. Schon mehrere Jahrhunderte, hab ich gehört. Und es ist in Japan erfunden worden. Hab ich gehört. Von einem gewissen Basho Matsuo. Und irgendwann ist der Haiku dann zu uns nach Europa eingeschleppt worden. Gleichzeitig mit Sudoku, Sushi und Karaoke.
Vermutlich versehentlich im Gepäck eines Touristen. So wie unliebsame Insekten oder anderes Getier, das plötzlich bei uns heimisch ist. Auf einmal geht jeder Österreicher, auch wenn er irgendwo im Tiroler Oberland lebt oder in der Südsteiermark, alle paar Tage in den nächsten Supermarkt zum Running Sushi, dann Karaoke singen zum nächsten Wirten, setzt sich danach daheim auf die Eckbank, kramt sein Sudoku-Hefterl heraus, das er zum Geburtstag bekommen hat und schreibt dann noch schnell vor dem Schlafengehen ein Haiku.
Dieser Japaner, dieser Matsuo, hat ein ganz berühmtes Haiku geschrieben.

Auf Japanisch heißt das:
Furu-ike yakawazu
tobikomu kizu no oto

Und auf Deutsch:
Der alte Teich
Ein Frosch spingt hinein -
das Geräusch des Wassers


Und was nun?
Springt er auch wieder heraus der Frosch? Oder bleibt er für immer im Teich? Und was ist mit dem Geräusch? Was für ein Geräusch ist das überhaupt? Ein Blubbern, Platschen oder Glucksen? Wie lange dauert es? Und wie schaut der Teich aus? Ist es ein großer Teich? Ist es ein Tümpel, ein Biotop? Wo ist der Teich? Ja, in Japan, vermutlich. Aber wo genau? Wie alt ist der Teich? Sehr alt, mittelalt oder nur alt? Und was ist mit dem Frosch? Ein junger Frosch, ein alter Frosch? Ein großer oder kleiner? Was hat er zuvor gemacht? Warum springt er in den Teich? Ist ihm heiß? Kalt? Springt er nur zum Spaß hinein oder ist er auf der Flucht?
Alles Fragen, auf die es keine Antworten gibt.
Da springt irgendwann vor Hunderten von Jahren ein Frosch in einen japanischen Tümpel, der Matsuo sieht das zufällig, erzählt das seiner Frau daheim und schon ist er berühmt. Weltberühmt!
Da hab ich ja in Volksschule schon bessere Gedichte geschrieben, und die haben sich gereimt, wohlgemerkt.
Hier eine Kostprobe. Das war mein erstes Gedicht, das ich kurz vor Ostern schrieb. Ich war in der zweiten Klasse Volksschule.

Wenn die Frühlingsblumen blüh’n,
und das Land wird langsam grün,
ja dann kommt der Osterhas’
und bringt den braven Kindern was.
Er schenkt Zuckerl, Eier auch.
Ja, das ist halt so der Brauch.
Und sogar ‚nen Osterhas,
mit 'ner Brille auf der Nas’.

Ist das nicht ein wunderbares Gedicht?
Und bin ich berühmt? Ich bin nicht berühmt.
Die Lehrerin hat mir zum Schulschluss ein Billett überreicht:
Der lieben Amadea, unserer kleinen Dichterin.
Das war alles. Weiter bin ich nicht gekommen. Ich bin nicht weiter gekommen als hier her in dieses Blog. Und der Japaner ist überall zu finden. In den berühmtesten Büchern, im Google, einfach überall.
Ein wenig kann ich es ja verstehen, dass er damals berühmt war. Damals in Japan. Weil damals war es ja wahnsinnig kompliziert, lange Texte zu schreiben. Mit einem Federkiel auf dem Papyrusfutzerl herumzukritzeln war ja sicher mühevoll. Das heißt aber nicht, dass er sich nicht ein wenig hätte anstrengen können.
Einen Reim hätte er wenigstens versuchen können.
Die wirkliche Tragik ist die, dass das Haiku heutzutage so beliebt ist, obwohl wir nicht mehr auf dem Papyrusfutzerl schreiben müssen, sondern ganz gemütlich auf dem Computer tippen können.
Da schreibt ein Pseudointellektueller ein paar Wörter auf, rezitiert die in der Schreibwerkstatt der Volkshochschule am Mittwochabend, und glaubt, das sei was Besonderes.

Welch lieblose Worte
Gleichgültigkeit, Ablehnung und Ignoranz
Liebe tief begraben
Tränengrab

Ich fang gleich an zu flennen, wenn ich das lese.
Wenn du ein Gedicht schreibst, dann lass dir einen Reim einfallen. Wenn dir kein Reim einfällt, dann schreib ein Blog.
Da brauchst du nichts zu reimen. In ein Blog kannst du alles reinschreiben.
In einem Blog finden sich immer welche, die deinen Unsinn lesen.
Sogar Haikus.

Der alte Sessel.
Amadea setzt sich darauf.
Das Splittern des Holzes.


4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

jetzt weiß ich endlich was ein haiku ist!!!! mein erstes eigenes auto war ein weißer toyota, mein ferseher ist ein toshiba, neine katze heißt geisha, ich verwende kosmetik aus japan und mein erstes veröffentlichtes gedicht ist ein haiku!! ich schreibs hier herein amadea! vielleicht ist dein blog ja MEIN sprungbrett, wenns schon bei dir nicht geklappt hat mit dem berühmt werden. ich bin da sehr zuversichtlich. ich glaub an mein talent.
tamtatataaaaaaaaaa!!!:

"auf dem schloss höch wa-

ren wir gestern es war schön

im wald fast verirrt"

bitte sei nicht neidisch
annanym

Anonym hat gesagt…

osterhas' also osterhass damit sich das auf was reimt.

amadea's world hat gesagt…

mit hai ku begrüßt der jungbauer auch seine kuh, anna.

eben, roman - die bedeutung der satzzeichen wird unterschätzt.

solo hat gesagt…

Ich glaub beim Haiku gehts darum, in zwei zeilen ein bild zu bringen und es in der dritten zeile aus einem anderen blickwinkel zu zeigen. und es gibt eine silbenvorgabe, was die sache ein bisschen pusslig macht (5-7-5).
aber wie wäre es denn mit so einem teil, dass sich auch noch reimt?

Im alten Froschteich (5)
Nach der Schnackselei sogleich (7)
Legt Frau Frosch den Laich. (5)

oder so