Donnerstag, November 16, 2006

get connected

Posted by Picasa
Schnell heim will ich immer nach dem Aerobic. Warm angekleidet weil ich mich nicht erkälten will und weil es mich nicht freut, in der Gemeinschaftsdusche mit dreißig anderen schwitzenden Frauenkörpern zu duschen. Ich saus zum Auto mit Anorak, Schihaube und Schal und steh. Alles voll zugeparkt. Mehr oder weniger.
Mit dem "schnell heim" wird das wohl dieses Mal nichts.
Bin ja keine schlechte Autofahrerin aber wenn ich am Abend, wenn es neblig ist und finster, eingeklemmt bin zwischen einem Mercedes und einem Was-was-weiß-ich-was-für-ein-amerikanischer-Monsterkübel, verschwitzt im Auto sitze eingepackt wie ein Eskimo, dann bin ich angefressen wenn ich nicht gleich fahren kann. Und gleich fahren geht nicht.
Als ob ich mich nicht schon genug bewegt hätte, muss ich nun Fenster runterkurbeln, den Nacken verrenken und den Rücken auch und gleichzeitig fluchen.
Also dauert es ein wenig, bis ich rauskomme. Ich muss mehrmals vor- und zurückfahren und aufpassen, dass ich nicht anfahr an den beiden Kübeln.
Gerade, als ich auf die Dorfstraße fahren will, froh, dass ich es endlich geschafft habe, hupt hinter mir ein Auto. Es hupt nicht so wie ein Auto hupt. Es hupt wie wahnsinnig, es ist ein Hupkonzert, eine Huptirade, laut, nervig.
Ich bremse, drehe mich um und sehe zwei Schatten im Auto hinter mir. Zwei männliche, korpulente. Und sonst nur Scheinwerfer.
"Du Aff", zische ich.
Ich bleib stehen, öffne das Fenster und schaue zurück. Als der Aff das sieht, hupt er zuerst mit Unterbrechungen, dann wieder lang und fuchtelt mit den Armen in der Luft herum.
Nun geht sein Fenster auf und er ruft: „Foahr endlich, weida, du Schafi!“
Schon will das Schaf aussteigen und dem Affen die Meinung sagen – Siehst du nicht, dass da alles zu ist? Soll ich da rein krachen in die Autos?
Ich mache die Tür wieder zu und fahre.
Soll er doch. Mir egal. Ich will heim.
Als ich endlich auf der Straße bin, sehe ich, dass das Auto hinter mir herfährt.
Nun ist die schmale Dorfstraße aber auch zugeparkt, weil es einen Vortrag gibt heute in der Schule. Total zugeparkt, auf beiden Seiten.
Und ich schlängle mich durch zwischen den Autos und hinter mir, ganz dicht, dieses Auto mit dem fahrenden Affen. Ich atme tief durch und überlege. Ich brauche ein Konzept. So einfach will ich es den beiden nicht machen.
An einer Engstelle bleib ich stehen. Ich schalte die Alarmblinkanlage ein und schnalle mich ab. Schon geht es wieder los, das Gehupe. Ich lasse mich nicht beirren, nehme Schal und Mütze ab und schalte die Innenbeleuchtung ein.
Ich steige aus, atme noch einmal tief durch und gehe zum Auto hinter mir.
Ich klopfe ans Fenster. Der Fahrer kurbelt es herunter und schnaubt:
„Glabst, mia san do zua Gaudi, worum foahrst nit weida, Schafl, bled’s?“
"Hallo", sage ich, fahr mir leicht durch’s Haar und lächle.
„Ich wollte mich nur bei ihnen entschuldigen, dass ich Sie so lange aufgehalten habe. Wissen’S eh, als ich rausfuhr aus dem Parkplatz. Aber es waren so viele Autos da. Es tut mir wirklich leid. Sie haben es sicher eilig.“
„Wos?“
Wissen Sie nicht mehr, vorhin, als ich aus der Parklücke fuhr und Sie behinderte. Habe zuerst gar nicht bemerkt, dass Sie hinter mir waren, erst als Sie hupten. Es tut mir wirklich leid, dass Sie sich etwas geärgert haben über mich. Das war nicht meine Absicht.“
Der Fahrer schaut den Beifahrer an.
„Wos is?“
„Wissen Sie“, erkläre ich ihm lächelnd, „da war dieser große Audi hinter mir, oder vielleicht war es auch ein Mercedes, ich weiß nicht und auf der anderen Seite war dieses amerikanische Auto, ich weiß nicht wie das heißt, so gut kenn ich mich nicht aus mit Automarken und es war auch so neblig und finster und ich bin voriges Jahr schon mal angefahren, zwar nicht an ein parkendes Auto, aber an eine Straßenlaterne, und nun passe ich immer besonders gut auf. Ich hab zwar ein kleines Auto, aber ich sag Ihnen, ich war nur mehr einen halben Zentimeter von der Stoßstange des anderen Autos weg. Nur einen halben Zentimeter! Und darum bin ich auch so langsam raus gefahren, will nicht noch wo anfahren. War eh schon teuer genug das letzte Mal. Sie sind sicher in großer Eile. Aber ich hab das zuerst gar nicht so gemerkt, erst später, als sie hupten.“ Ich schenke dem Affen und seinem Beifahrer mein schönstes Lächeln.
„Wissen’S, und als ich nun sah, dass sie in dieselbe Richtung fahren, dachte ich mir, ich bleib stehen, und erklär’ Ihnen warum das vorhin so lang gedauert hat. Normalerweise fahre ich schneller aus einer Parklücke. Wirklich, das müssen Sie mir glauben.“
Die beiden starren mich an.
Der Fahrer schüttelt kurz den Kopf und sagt: „Passt. Wia wär des, wonn du hiaz weidafoahrn tatst? Du hoitst mi auf.”
“Oh, entschuldigen Sie. Klar, natürlich. Wo Sie es doch so eilig haben. Mein Gott, ich Dummerl. Hab das nun gar nicht bedacht. Aber wissen Sie, ich habe gespürt, dass Sie sich zuerst so aufgeregt haben und ich sah es als meine Pflicht an, Sie aufzuklären, und außerdem wollte ich mich bei Ihnen entschuldigen. Das habe ich somit erledigt.”
Ich lächle nochmals.
„Also dann. Ich gehe nun wieder zu meinem Auto. Ich bin so froh, dass wir das nun ausgeredet haben. Auf Wiedersehen, gute Nacht. Wünsche Ihnen noch einen schönen Abend und eine gute Fahrt, ohne Zwischenfälle.“
Bevor ich in mein Auto steige, winke ich ihnen nochmals.
Ich schnalle mich an, bringe meine Handtasche in Ordnung, suche mir noch eine CD aus dem Handschuhfach, ordne die anderen Cds alphabetisch, bemale mir die Lippen und frisiere mich.
Komischerweise hupt gar nichts mehr hinter mir.
Als ich wegfahre, sehe ich, dass das Auto mit dem Affen mir nicht mehr folgt, sondern die schmale Dorfstraße zurück fährt.
Wie gut ich mich fühle!
Wie schön es doch ist, in der Fast-Vorweihnachtszeit freundlich und zuvorkommend zu sein.
Wie sagen die Amerikaner so gern – Get connected with people. That’s the secret.
Manchmal ham’s doch recht, die Amis.

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

hahaha, ein danke schön für diese geschichte und auch für die anderen!

amadea's world hat gesagt…

Das freut mich, dass ich dich zum Lachen gebracht habe :-)

Anonym hat gesagt…

ich bin fasziniert, dass es menschen gibt, die in solchen situationen freundlich und nett, wenn auch nur gespielt, sein können. bei mir hingegen wäre der affe ein verdammtes arschloch gewesen, und winke, winke hätte ich wahrscheinlich nur mit dem mittelfinger können. na ja, vielleicht gelingt es mir auch einmal ruhig zu bleiben,
aber das ist nicht so einfach, wenn man freunde hat, die wörter wie "fuck" und "the fucking fox"
verwenden.
aber ich habe diese freunde lieb!

amadea's world hat gesagt…

fliedermaus, schatzerl
zwickabusserl.


Mich wundert es, dass du beim F*** nicht an die kloan Facki denkst :-)

hahaha..wie witzig.
wortbestätigung heute : ooink !