Freitag, August 18, 2006

und überhaupt

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Und da hab ich mich dann wieder erinnert, dass ich Schauspielerin werden wollte.
Susanne und ich waren einmal sogar ganz nah dran, im Mozarteum die Aufnahmsprüfung zu machen.
Aber dann machten wir es doch nicht.
Gesagt hab ich das ja niemandem außer Susanne.
Wenn ich das meinem Vater gesagt hätte, dann hätte er geschimpft.
Arbeite lieber mal was.
Dieses ständiges Herumhocken bei den Büchern.
Und überhaupt, Was brauchst so viele Bücher?
Es war schon was besonderes, dass ich ins Gymnasium gehen durfte.
Das war ein Realgymnasium. Eh das falsche für mich. Aber ein anderes war nicht in der Nähe.
Ich war nicht begabt in Mathematik, Chemie und Physik.
Es war ein Privatgymnasium und es kostete Geld.
Wer Geld braucht, sagte Papa, muss arbeiten.
Es wird einem nix g’schenkt im Leben.
Der Direktor von der Hauptschule ist damals zu meinem Vater gegangen und hat gesagt, Ihre Tochter muss ins Gymnasium. Und irgendwie hat sich Papa dann doch überreden lassen.
Und ich hab mich geschämt, weil ihn Papa geduzt hat.
Das ist mein Direktor, Papa. Zu dem kannst nicht Du sagen.
A geh, der junge Hupfer.
Mein Papa duzt nach wie vor jeden.
Aber das ist eh üblich bei uns im Gebirg, Frau Schickse . Nach wie vor.
Die ganzen Jahre hat er immer wieder herumlamentiert, weil ich die ganze Zeit im Zimmer hock und lese und lerne anstatt was zu arbeiten.
Drum arbeite wenigstens in den Ferien. Sonst wird dir langweilig.
Urlaub gab es niemals.
Am Wochenende musste ich mit in die Berge.
Zum Schwammerlsuchen oder Preiselbeerbrocken.
Meine Klassenkameraden fuhren in den Ferien nach Caorle oder Lignano.
Ich musste arbeiten.
Die Werkstatt mit dem Reisigbesen zusammenkehren.
Holz klauben, hinter das Haus tragen und aufschlichten.
Den Gästen im Haus Frühstück servieren.
Wir hatten Fremdenzimmer. So hieß das damals.
Ich musste die Fremdenzimmer putzen, Betten beziehen und Waschbecken putzen. Duschen gab es damals nicht in den Zimmern.
Susanne flog sogar nach England.
Wir waren befreundet. Sie erzählte mir von London.
Ich erzählte ihr nicht viel.
Weil es nicht viel zu erzählen gab.
Eine Woche lang durfte ich zu meinem Onkel nach Hallein fahren.
Mehr war nicht drin.
Der Onkel hatte eine Diskothek.
Und ich durfte dort hinter der Bar ausschenken.
Ich hätte gerne Tennis spielen gelernt. Oder Saxophon.
Ich fragte gar nicht um Erlaubnis. Ich wusste, das war zwecklos.
Tennis spielen hab ich später gelernt. Saxophon spielen nicht.
Und in den Urlaub fahr ich auch inzwischen.
In Caorle und Lignano war ich aber noch nie.
Theater spielen habe ich auch gelernt.
Ein wenig.
Da ergab sich die Gelegenheit.
Theaterseminar im Toi-Haus in Salzburg.
Und vor einigen Monaten hat mich die Frauenkabarettgruppe gefragt, ob ich mitmachen will.
Und ich will.
Das sind klasse Weiberleit.
Wir treffen uns manchmal am Freitag. Zum Improvisieren.
Und es ist jedes Mal eine Hetz'.
Wir bauen dich ein ins Programm.
Du passt gut zu uns.
Ham’s unlängst g’sagt.
Und beim nächsten Programm machst mit.
Auch beim Schreiben.
Vor allem beim Schreiben.
Aber es dauert eh noch ein wenig.
Weil ihr Programm spielen’s noch im kommenden Herbst.
Es freut mich.
Es freut mich sogar sehr.
Saxophon lernen werd’ ich nicht.
Wenn, dann lern ich Schlagzeug.
Da steht noch eins von meinem Sohn, im Haus, das ich mit dem Exmann bewohnte.
Der Sohn spielt nicht mehr Schlagzeug. Er versucht sich nun als DJ.
Mehr oder weniger erfolgreich.
Dabei war er so gut mit dem Schlagzeug.
Aber Mütter finden ihre Söhne ja immer gut.
Der dürfte auch Tennis spielen.
Wenn er wollte.
Oder Schauspieler werden.
Wenn er wollte.
Und in die Welt reisen.
Wenn er wollte.
Er will Geld verdienen, sagt er.
In einem Jahr vielleicht.
Oder in zwei.
Er will an seiner Karriere als DJ arbeiten.
Papa sagt mittlerweile zu mir:
Arbeite nicht so viel.
Aber er fragt immer noch:
Und überhaupt, was brauchst so viele Bücher?


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