Donnerstag, August 10, 2006

bare naked

Posted by Picasa
Da war eine Ratte.
Direkt vor mir auf dem Gehsteig.
Als ich am Nachmittag vor zwei Wochen durch Salzburg ging.
Ich habe noch nicht viele Ratten gesehen in meinem Leben.
Einmal, vor vielen Jahren. Hinter dem Haus meiner Eltern vor dem Schuppen.
Mein Vater streute danach gleich Rattengift.
Da war diese Ratte vor mir. Mitten in Salzburg. Mitten am Gehsteig.
Auf einmal flitzte sie davon.
Ich hatte nicht gewusst, dass Ratten flitzen.
Und dann passierte etwas.
Jeder kennt das Gefühl.
Du hast ein Getränk vor dir. Und du glaubst, es ist das Getränk, das du bestellt hast.
Dann trinkst du.
Und dann ist das ganz etwas anderes.
Und einen Moment lang hast du dieses Gefühl, einen ganz kurzen Moment.
Das Gefühl der Verwirrung.
Der totalen Verwirrung. Fast ein Schock ist das.
Und dann melden die Geschmacksknospen deinem Hirnkastl, dass das nicht das ist, was du bestellt hast.
Und dein Hirnkastl denkt „Aha“.
Und du denkst: Das ist nicht der Apfelsaft, den ich bestellt habe. Das ist ein Radler.
Und dann passt wieder alles. Der Moment der Verwirrung ist vorbei.
So ist das auch, wenn du am Gehsteig eine Ratte zu sehen glaubst, und gleich darauf, nach diesem kurzen Moment der kompletten Verwirrung, merkst du auf einmal, es ist keine Ratte. Es ist ein Eichhörnchen!
Eines ohne Fell. Ein nacktes. Eines mit Glatze.
Glatze am ganzen Körper.
Ich habe noch nie ein nacktes Eichhörnchen gesehen.
Und war ziemlich verwirrt, eigentlich geschockt.
Es hatte lange Hinterbeine, einen spitzen Kopf und große Augen.
Augen wie eine Ratte.
Darum hab ich mich so getäuscht.
Am Schwanz merkte ich es.
Er war lang und drehte sich ständig. Rotierte. War immer in Bewegung.
Rattenschwänze, so erinnere ich mich, hängen nur runter. Oder werden nachgezogen.
Ich näherte mich vorsichtig und schon war es weg. In einem Hauseingang verschwunden.
Vielleicht war es von den anderen Eichhörnchen ausgeschlossen worden weil es nackt war. Und nun musste es zwischen den Häusern leben.
Vielleicht war es auch ein Trendsetter. Ein metrosexuelles Eichhörnchen. Das erste, metrosexuelle Eichhörnchen Salzburgs, das sich entschlossen hat, sich auf Grund der Hitzewelle seines Fells zu entledigen.
Ich rief Günther an. Günther kennt sich aus mit Getier.
Er hat seinerzeit Biologie studiert.
Nun sitzt er im Finanzamt und bearbeitet Steuererklärungen.
Ich erzählte ihm vom nackten Eichhörnchen. Dann fragte ich ihn, wie es ihm ginge.
Viel Arbeit.
Was denn?
Das Übliche. Die ganze Woche im Büro.
Er war nicht interessiert.
Dieses nackte Eichhörnchen beschäftigte mich den ganzen Tag.
Es gibt ja nackte Katzen. Nackte Katzen schauen gleich aus wie Katzen mit Fell. Nicht ganz, aber fast. Und man kennt, dass es eine Katze ist.
Aber ein nacktes Eichhörnchen sieht nicht nach Eichhörnchen aus. Es sieht aus wie eine Ratte.
Ich würde nun gerne eine nackte Ratte sehen.
So zum Vergleich.
Vielleicht sieht eine nackte Ratte nicht nach Ratte aus.
Vielleicht sieht sie aus wie ein Eichhörnchen.
Kann schon sein.

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