Sie sitzt da. Beine gespreizt, Haar zerwühlt, auf ihren Armen goldene Tropfen, an ihrem Dekoltee ein schmales Rinnsal.
Ihr Atem geht schwer, ihre Augen geschlossen, der Mund leicht geöffnet…
Das Szenario klingt wie die Fantasie jeden Mannes.
Weit gefehlt.
Keine Sexszene, kein erotischer Thriller.
Nein, eine Frau nach einer Stunde auf dem Laufband.
Wir Frauen treiben Sport, um uns attraktiv zu fühlen. Auch ich.
Warum würde ich mir den Stress antun, mich auf’s Radl zu schwingen, eine Stunde zum auf den Berg hinauf radeln und dabei zu schnaufen wie ein Postross, wie mein Vater zu sagen pflegte.
Und das mit dem Glücksgefühl ist ein Märchen.
Ich spüre nicht den leisesten Hauch von Glück auf dem Weg hinauf. Im Gegenteil. Ich frage mich jedes Mal, warum ich mir das eigentlich antue.
Ich verspüre viel mehr Glück, auf der Couch zu liegen, zu lesen, Musik zu hören, fern zu sehen, Schokolade zu essen.
Aber weil wir ja alle schlank sein wollen, für uns selbst und für das andere Geschlecht, rackern wir uns ab. Weil wir eitel sind.
Wir Frauen hüpfen, treten, steppen, strampeln, stretchen in der Hoffnung, dass unsere Wadln stramm, die Fesseln schlank, die Oberschenkel glatt und der Hintern fest bleiben.
Wir geben das natürlich niemals zu.
Wir sagen, wir machen das für unsere Gesundheit, für unser Wohlbefinden.
Zugegeben, eine angenehme Begleiterscheinung.
Man könnte also meinen, dass Männer all die Anstrengungen, die wir betreiben, um für sie attraktiv zu sein, würdigen.
Dem ist nicht so.
Ein Mann, der eine Frau in flagranti auf der Matte bei ihren Bauchübungen erwischt, ist tief geschockt.
Wie ein Kollege von mir.
Wochenlang schwärmte er mir vor, wie interessant er meine Nachbarin fände, wie toll sie sei, wie attraktiv.
Und – so sagte er, er würde sie demnächst zum Essen einladen.
Unlängst rief er an.
Er habe es sich anders überlegt.
Es ginge einfach nicht.
Er habe sie im Fitness-Center gesehen.
Auf der Matte liegend, in lila Leggins, rotes Gesicht, schnaufend, Beine in der Höhe wie ein Käfer, der am Rücken liegt, verschwitzt, Haar am Gesicht klebend. Einfach abstoßend, meinte er.
Weg jedes Interesse. Vermutlich verfolgt ihn das Bild der schnaufenden Nachbarin bis in seine Träume und seine erotischen Fantasien.
Weißt du, sagte er. Ich habe nun ständig dieses Bild im Kopf.
Wie kann ich mit ihr beim Candlelight-Dinner sitzen, ohne sie ständig auf dieser Matte zu sehen?
Sie würde ohnehin nicht mit dir ausgehen, sagte ich zu ihm.
Glaubst du, du siehst toll aus wenn du deine Sit-ups machst? Und da um den Bauch herum. Lassen wir das…
Er war beleidigt und brach das Gespräch ab.
Ich frage mich nun, welche Lösung es gibt.
Fitness-Studios nur für Frauen?
Nur in der Dunkelheit joggen gehen?
Es gibt nur eine Lösung.
In der Küche trainieren.
Wenn der Mann nicht da ist, natürlich.
Turn dich schlank am Küchenschrank!
Das ist es.
Wir Frauen sind ohnehin multi-tasking.
Du rührst nun den Germteig während du am Boden liegst und deinen Beckenboden trainierst.
Du joggst mit dem Staubtuch durch das Haus während du die die Salatgurke schälst. Du machst Liegestützen vor dem Herd und behältst den Braten im Auge.
Lass aber bitte niemals die Uhr aus den Augen.
Dein Mann darf dich nicht erwischen. Du musst das heimlich machen.
Und früh genug aufhören mit dem Training.
Eine Stunde, bevor dein Liebster kommt, haust du dich in die Badewanne und machst dich schön.
Und wenn er dich dann fragt, was du gemacht hast, dann lächelst du nur geheimnisvoll und räkelst dich im Neglige auf der Couch.
Falls er die Idee haben sollte, sich auf den Heimtrainer zu schwingen, dann halt ihn ja davon ab.
Ein schwitzender, schnaufender Mann törnt dich ab.
Glaub mir das. Du verlierst jegliche Lust auf ihn.
Ich weiß das.
Ich war schließlich mit einem Extremsportler verheiratet.
Mittwoch, Mai 17, 2006
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