Montag, Juli 25, 2011

die schlange

Wenn du einkaufst, kannst du in der Warteschlange vor der Kassa verschiedene Typen von Leuten beobachten.

1
Da gibt es den einen, der in der Schlange steht und alles was sich links und rechts von ihm befindet, mitnimmt. Völlig geistesabwesend. Der Inhalt seines Einkaufswagens verdoppelt sich in der Warteschlange. Ganz obenauf zum halben Preis der Bund Tulpen, der unten vor der Kassa im Kübel verwelkt, dann die seit gestern abgelaufenen Gelee-Ostereier und der Stoffhase für’s Enkerl, 70 Prozent billiger.

2
Dann gibt es den wirklich unsympathischen Zeitgenossen, der, wenn du in der Warteschlange stehst, sich still und leise von der Seite her anschleicht. Er sucht sich einen bestimmten Platz aus, wo er gern sein würde. Zum Beispiel auf Platz drei oder fünf. Und genau da versucht er sich einzureihen, nach der Art des Reißverschluss-Systems. Ganz ruhig steht er da, vermeidet bewusst den Blickkontakt mit den brav hintereinander Wartenden. Er arbeitet sehr subtil und nützt jede kleine Unaufmerksamkeit des neben ihm Stehenden. Auf einem Mal ist er in der Schlange. Und noch ehe du was sagen kannst, legt er schon sein Zeugs auf das Rollband. Niemand hat bemerkt, dass er sich seinen Platz erschlichen hat. Dieser Typ gehört eliminiert. Auf der Stelle.

3
Er reiht sich ein, ohne seinen Einkauf abgeschlossen zu haben. In seinem Einkaufswagen liegen nur wenige Artikel.
Plötzlich beginnt er sein hinterlistiges Spiel. Er sagt zu dem hinter ihm Wartenden: „Tschuidign'S, i brauch no schnö....“ und schon ist er weg.
Dieser Typ arbeitet sehr ökonomisch. Er verbindet Wartezeit mit Einkaufszeit und nützt jede Minute aus. Er betrachtet das Warten als vergeudete Zeit, in der er etwas Sinnvolles tun will, also einkaufen. Gleichzeitig ist er ständig in Bewegung, was seinen Kreislauf anregt und in Zeiten bevorstehender übermäßiger Kalorienaufnahme, wie Weihnachten, Ostern, Pfingsten, die Kalorien schon im Voraus verbrennt.

4
Dann gibt es den Typen, der hinter dir steht, und plötzlich, aus heiterem Himmel, in Mitleid erregenden Singsang verfällt: „Meiner Seel, hob i no vü z’toa heit“. Und starrt auf deinen übervollen Einkaufswagen. Du antwortest: „Ja und? Glaubst ich nicht? Dummer Aff.“ Natürlich nur in Gedanken.

5
Dieser Typ arbeitet im Team.
Person eins steht in der Schlange. Person zwei, meist der Fittere oder Jüngere, läuft immer wieder hin und her zwischen Kassa und Regalen, bringt sämtliche Artikel, die gebraucht werden, legt sie in den Einkaufswagen und ist wieder weg. Inzwischen rückt Person zwei langsam vor. Kurz vor dem Bezahlen das Finale, eingeleitet mit folgenden Worten: „Fix noamoi. So wos Bled’s. Hiaz ho i a’s Brot vagess’n“. Und schon holt Person zwei das Brot, während Person eins lächelt und sagt: „Ko passier’n.“

6
Dann gibt es den Typen, der dich nicht direkt nervt. Er steht nicht vor dir in der Warteschlange, er hat das alles schon hinter sich. Er ist der, der schon drei Tage vor Weihnachten, Ostern oder Pfingsten alles einkauft, und alle anderen, weniger organisierten müssen dann das nehmen, was übrig bleibt. Und ganz zufällig lungert er zu Spitzeneinkaufszeiten in der Nähe der großen Supermärkte herum, lächelt dich freundlich an und bemerkt süffisant: „Scho a Stress, de Feiatog, gö?“

7
Dieser Typ hat vergessen, seine Äpfel abzuwiegen, und die arme Frau an der Kassa kennt den Preis nicht und hat auch keine Waage. Sie läuft dann meist nach hinten an den Obststand, während die Warteschlange sich verdoppelt, und kehrt außer Atem wieder zurück.
Schlimm wird das erst, wenn er dann noch ein Produkt, auf dem kein Preis aufgedruckt ist, im Wagerl hat. Die Kassiererin ruft dann den Abteilungsleiter aus, der nach zehn Minuten erscheint. Im glücklichen Fall kennt er den Preis, wenn nicht, verdoppelt sich die Warteschlange wiederum während er sich von dannen macht, um den Preis herauszufinden.

8
Dann gibt es noch den Typen, dessen Bankomat-Karte aus unerfindlichen Gründen und das allererste Mal – „So was ist mir im Leben noch nicht passiert!“ – nicht funktioniert. Er hat auch kein Bargeld bei sich. Er steckt die Bankomat-Karte bis zu zehn Mal auf jede erdenkliche Weise in den Schlitz und glaubt, durch mehrmaliges Schütteln des Kopfes und Seufzen erbarmt sich der Automat und nimmt die Karte. Es ist aber nicht so. Das dauert ungefähr zehn Minuten bis er einsieht, dass entweder das Konto überzogen oder die Bankomat-Karte kaputt ist.

Ich bin Typ

9
Dieser Typ geht grundsätzlich ungern einkaufen.
Er weigert sich, stundenlang in der Warteschlange zu stehen. Er kauft lieber beim Greißler, Bäcker, Metzger oder am Grünmarkt ein. Er lässt sich gern bedienen.
Er ist auch überfordert mit all dem Warenangebot im Supermarkt.
Nimmt dann meistens Dinge mit, die er nicht braucht oder ihm nicht gut tun. Natürlich kauft er auch im Supermarkt ein, aber niemals in Stoßzeiten. Er hat stets einen Einkaufszettel mit, nach dem er sich meist hält.
Und wenn es ihm mal passiert, dass er in einer Warteschlange in einem Supermarkt steht, und er begegnet einem dieser oben genannten Typen, dann, ja dann – wird er zur Bestie.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Oh, "Greissler" hab ich gelernt, Frau Amadea. Aber was bedeutet dieses Wort?

Anonym hat gesagt…

schön gelungen herzerfrischend aufmerksam und doch brillianr.t

ich sag nie wider dumme kuh..
versprochen schatzi.