Sonntag, Februar 28, 2010

schreib etwas


Ich bin sicher, das Wort Facebook leitet sich, wie so vieles, vom Lateinischen ab: Faeces lat. Kot, Stuhlgang

Ich logge mich ein und da steht: Schreib etwas.

Dass ich, obwohl später Vormittag, im Pyjama hiersitze und mich nicht entscheiden kann, ob ich den Geschirrspüler ausräumen, die Englischhefte korrigieren oder Schifahren gehen soll, kann ich nicht schreiben.
Also schreib ich: Ich gehe duschen.

Als ich zurückkomme, bin ich enttäuscht, weil niemand meine Aktivität kommentiert hat. Kein einziger!
Aber ich bin ja selber schuld. Ich bin facebookmäßig eine Einzelgängerin. Ich habe keine Freunde!
Okay, einen hab ich. Jim aus Chicago. Aber den hab ich nur, weil mich dessen Meldungen, die ständig in meiner Mailbox landeten, nervten.
Diese Meldungen: Jim wants you to join Facebook. So I joined.
Und weil der um die Zeit vermutlich noch in den Federbetten, den amerikanischen liegt, kommentiert der auch meinen Duschvorgang hinterm Duschvorhang nicht.

Ich habe also einen Freund, zwei Söhne, eine Schwester und eine Nichte bei Facebook.
Ein Malheur. Für Facebookverhältnisse eine Katastrophe, eine soziale Niederlage.

Ich werde auch aufgefordert, Freunde von mir anzustupsen. Anstupsen geht gar nicht. ich stupse nicht mal im richtigen Leben an obwohl es mir da leichter fallen würde.
Wie bittschön soll ich meinen Sohn, der bei den Eidgenossen weilt und Dienst hat, anstupsen? Vor allem ist er es nicht gewohnt, dass Muttter stupst.
Und den anderen Sohn treff ich heut zum gemeinsamen Kochen und den kann ich dann später immer noch anstupsen wenn er den Salat nicht ordentlich würzt.
Mit dem Ellbogen ein bisserl in die Rippen: Da fehlt noch Salz, Sohn.

Meine Nichte ist ein Facebookprofi. Die hat 157 Freunde! Und die macht verschiedene Persönlichkeitstests.
Der letzte Test war einer, bei dem man rausfinden konnte, was für eine Band man ist. Ist das nicht toll? Eine ganze Band zu sein! I would like to be „Rocking Amadea and the hairband“

Es gibt Pinnwände und Pinnwanddialoge. Und die Dialoge handeln von Schulstress, Arbeitsstress, Freizeitstress und dass einfach alles nervt. Die Dialoge werden gewürzt mit maaaaah, und boaaaaaah, voiiii geiiiiiiiil, Oida, megacoool, looooooooool und ggggg.

Es gibt auch Gruppen. Und wenn da jemand einer Gruppe beigetreten ist - da gibt es zum Beispiel den Eisschützenverein - dann kann ich das kommentieren.
Was soll ich den Eisschützenverein kommentieren? Ich will keinen einzigen Verein kommentieren, ich kenn mich mit Vereinen nicht aus. Und die Eisschützenvereine nerven ohnehin.
Ich wohnte mal über einer Eisschützenbahn. Ein Gejohle und Gegröle war das jeden Sonntagnachmittag. Sommer wie Winter.
Ich kommentiere also nichts.

Und dann steht da:
K just stumbled across Grandma's long lost apple pie recipe, but is missing one ingredient...love! K needs their friends' help to keep Grandma's recipe alive and finish baking this lost treasure!
Holy cow! Die Liebe fehlt! Und die Freunde müssen helfen.
Und K hat auch noch an der geilen Gamergammler-Sauferei teilgenommen.
Und dem O gefällt das, obwohl er gar nicht dort war.

Please accept this smile schreibt der Lächeln-Sammler. Bin ich infantil?
Und: Please accept the gift. Und da sitzt da vor mir ein rosa Plüschhase mit Kopfhörern.
Ich will kein Geschenk. Nicht mal eines von Facebook. Ich will weder einen Fellhasen, noch ein Zuckerl und auch kein Osterei.
Der Lächeln- Sammler ist müde, lese ich. Und der M gefällt das weil sie auch ein wenig müde ist. Und dem P gefällt das auch weil er saumüde ist.
Aber heute nehmen alle, trotz Müdigkeit, an der Weltuntergangsafterparty teil.
Am nächsten Tag das große Erwachen: Alle haben am Wochenende richtig Fun gehabt und dann kommt diese Spaßbremse von einem Montag, der ihnen wieder vor Augen führt, wie lustig das Leben ist …Wish it was Sunday cause that’s our fun day
Diese satirische Nuance - ein Wahnsinn!

S needs parts to complete the Cafe World spice rack! Ach wie schön, das einzige Gewürz, das du im wirklichen Leben hast, ist ein Doserl Pfeffer und hugsflugs, hast du bei Facebook einen kompletten Gewürzschrank, ohne einen Cent auszugeben!
S still needs 5 shelves, 5 large jars, 5 medium jars, 5 small jars, and 14 lids to complete the Cafe World spice rack and is looking for help from friends.
Und sie ist der Dreiherzensammler unter all ihren Freunden. Und S gefällt auch der link von W.
S gefällt auch Ms Beitrag. S hat Ms Status kommentiert und S gefällt Ms Status. S gefällt ZsFoto. U gefällt Ms Link und S gefällt Rs Aktivität. Und S und T sind nun auch Freunde.
Und ich darf das kommentieren!

S ist jetzt ein Fan von Barbapapa.
Und das könnte ich nun das Feedback anzeigen lassen. Ich lasse es nicht anzeigen.
Ich könnte auch ein Fan werden. Ich werde keiner. Ich bin kein Fan von Faecesbook.

Ich bin gespannt, wie das in einigen Jahren sein wird, wenn sich bei Facebook die ersten Falten, Tränensäcke und Schlupflider bilden.
Diese Erfahrung wird mir erspart bleiben.
Weil da bin ich längst auf Twitter umgestiegen.
Passt eh besser zu mir, das Geschnattere.

2 Kommentare:

audrii hat gesagt…

"Geschnattere" passt mir zwar auch nicht, von wegen Aufmerksmkeitsfalle und Zeitstehlerei; aber Fassbock ist ganz sicher nicht meins. Ich will weder stupsen noch gestupst werden; und schon gar nicht mit obskuren "gifts" von wildfremden "friends" ueberhaeuft werden. Abgesehen von dem Moment, wo du dir der Unsicherheitslage bewusst wirst.
Cordialement ! Audrii

PS; Was "Bild" unten heisst uebrigens "com pute"!

Mike hat gesagt…

wie wahr, wie wahr! ;)