Donnerstag, Juli 31, 2008

der tourist


Es wimmelt von Touristen. In der Stadt Salzburg und hier in den Bergen. Ich habe sie in verschiedene Gruppen unterteilt:


Der Kofferzieher
Jeder Tourist beginnt als Kofferzieher.
Kofferziehen ist Phase eins des Touristenlebens.
Der Kofferzieher tritt allein oder in Gruppen auf.
In der Anfangsphase sucht jeder Kofferzieher ein Hotel. Sein Kopf ist in dieser Phase stats nach oben gerichtet. Sein Blick ist wirr und verloren.
Der Kofferzieher mutiert zu neunundneunzig Prozent im Laufe seines Touristenlebens zu einem anderen Typ Tourist.
Immer kehrt er jedoch am Ende seines Touristenlebens in die Kofferzieherphase zurück, und zwar dann, wenn er abreist und seinen Weg zum Bahnhof oder zur Bushaltestelle sucht. Sein Blick ist dann nicht mehr so verloren, aber nach wie vor wirr.
Der Kofferzieher zieht immer einen Koffer. An der Größe des Koffers erkennt man die Länge seines Urlaubs. Je größer der Koffer, desto länger bleibt er.
Es gibt jedoch Ausnahmen, wie jeder weiß. Diese Ausnahmen beschränken sich ausschließlich auf das weibliche Geschlecht. Es kann also durchaus sein, dass eine Touristin einen Schrankkoffer hinter sich herzieht, in dem sie achtzig Prozent ihrer Garderobe verstaut hat, obwohl sie nur für ein Wochenende bleibt.
Der Kofferzieher ist der gefährlichste aller Touristen. Es kümmert ihn nicht, dass er mitten auf einer stark befahrenen Straße Koffer zieht.
Es ist ihm egal, dass er die Breite des Gehsteigs in Anspruch nimmt.
Er ist der Meinung, dass er Vorrang hat. Und zwar immer.
Er zieht seinen Koffer über alles drüber. Über Schuhe, Zehen, Hunde und Kinderwägen. Wenn dir also ein Kofferzieher unterkommt, so wechsle die Straßenseite. Wenn dir eine ganze Horde von Kofferziehern unterkommt, kehr um, geh nach Hause und sperr die Tür zwei Mal zu. Du ersparst dir so einen Krankenhausaufenthalt.
Kofferzieher sind international. Es gibt weder Ost-West-Gefälle noch Sprachenbarriere.

Der Knipser
Der Knipser befindet sich meist vor einem berühmten Gebäude, auf einer Brücke, vor einer Statue, vor einem Brunnen oder vor einem Berg.
Der Knipser reist in einer Gruppe. Diese Gruppe unterteilt sich in zwei Untergruppen. Eine Untergruppe knipst, die andere lässt sich knipsen.
Der Knipser zeichnet sich durch Autorität und Durchsetzungsvermögen aus. Er schafft es, für die Dauer des Knipsens berühmtes Gebäude, Brücke, Statue, Brunnen und Berg frei zu halten von Einheimischen.
Manchmal benutzt er den Einheimischen sogar als Knipser. Das macht er sehr subtil. Er grinst und sagt immer wieder bitte, please, prego oder s'il vous plaît und zwar so lange, bis der Einheimische einwilligt, ihn vor dem berühmten Gebäude, auf der Brücke, vor der Statue, vor dem Brunnen und vor dem Berg zu knipsen.
Der Knipser kommt zu siebzig Prozent aus Japan, zu neunundzwanzig Prozent aus den USA, und zu ein Prozent aus anderen Ländern.

Der Jäger
Den Jäger findet man in Städten und Dörfern mit alten Gebäuden, Statuen und Museen. Der Jäger ist auf der Jagd nach Sehenswürdigkeiten jeder Art. Er ist der lauteste von allen Touristentypen und glaubt, seine nicht vorhandenen Sprachkennntisse durch Lautstärke ausgleichen zu können.
Wenn das nicht funktioniert, wechselt er zur Methode des Langsamsprechens mit gleichzeitigem Fingerzeig auf ausgebreitete Landkarten oder in verschiedene Richtungen. Begleitet wird die Methode von Grinsen, Kopfschütteln und Nicken.
Merkmal des Jägers ist der an der Hand angeklebte Stadtführer.
Weit verbreitet ist auch die Mischform Jäger-Knipser. Der Jäger (vor allem der laute) kommt zu neunzig Prozent aus den USA.

Der Wanderer
Der Wanderer ist von weitem erkennbar an Kniebundhose, kariertem Hemd und Hut mit Gamsbart. Bis vor wenigen Jahren war sein Merkmal der hölzerne Wanderstab, vollgenagelt mit Plaketten.
In den letzten Jahren tritt er vermehrt mit Nordic-Walking-Stöcken auf. Anstatt der Plaketten trägt er Wandernadeln am Hut.
Der Wanderer ist nicht in jedem Fall einer, der wandert. Er muss nur aussehen wie einer.
Der Wanderer fährt oft auf Forstwegen und Waldwegen mit Fahrverbot und wandert die letzten zehn Meter zu Fuß auf den Gipfel.
Der Wanderer ist der kreativste aller Touristen. Er schreibt Gedichte und weise Sprüche in Gipfelbücher, er ritzt Namen, Adressen und Ich liebe Rita in Bäume und Gipfelkreuze.
Oft findet man den Wanderer sitzend vor Almhütten bei Bier, Obstler und Brettljause und Kaffee und Apfelstrudel.
Der Wanderer ist immer gut gelaut, hat immer einen Sonnenbrand und Blasen an den Füßen.
Der Wanderer kommt zu neunzig Prozent aus Deutschland.

Der Abenteurer
Der Abenteurer ist eigentlich kein Tourist. Er schaut sich nichts an, er knippst nicht, er hält sich nur in Bars und in Nachtklubs auf. Er wandert, aber nur nachts. Der Abenteurer ist jünger als dreißig und meistens männlich.
Er reist nur in Gruppen und ist nachtaktiv. Den Tag verbringt er im verdunkelten Zimmer mit einem Kübel im oder vor dem Bett.
Der Abenteurer übernachtet oft im Freien, sehr oft auf oder vor Parkbänken und Hauseingängen.
Der Abenteurer wird manchmal vom Knippser geknippst und erhält gemeinsam mit Millionen von Menschen auf der ganzen Welt ein Aktfoto als bleibende Urlaubserinnerung per Email.
Der Abenteurer ist also der Berühmteste unter den Touristentypen. Der Abenteurer kommt zu fünfzig Prozent aus Großbritannien und zu fünfzig Prozent aus Schweden.

Der Einheimische
Der Einheimische fühlt sich immer besser als der Tourist. Auch im Ausland.

7 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

ich liebte auch einmal eine rita.

Anonym hat gesagt…

Ich auch, Herr schneck. Sie hatte lange, blonde Haare wie ein Engel und hieß drum gleich so.

Nix gegen Bier, Obstler und Apfelstrudel, Frau Amadea. Es gibt Sachen, die sind einfach gut.

Ich war allerdings nie ein Kofferzieher. Ich halte es für ein Merkmal der Degeneration, wenn man mehr Gepäck für notwendig hält, als man tragen kann.

Zechbauer hat gesagt…

Nicht zu vergessen, "der Bierprüfer". Ihm geht es weniger um die Qualität des Gerstensaftes in dem jeweiligen Reiseland, sondern vielmehr um den direkten Preisvergleich zwischen Urlaubsland und dem lokalen Getränkemarkt seines Vertrauens in heimatlichen Gefilden.

Bereits am ersten Urlaubstag streunert er wie ein läufiger Rüde in der Gegend des Hotels in den Gassen und Straßen umher, um sich ein Bild über die Preislage der erhältlichen Biersorten zu machen. Stolz verkündet er dann jedem der es wissen will (oder nicht), um wie viel teurer oder preiswerter die 0,3-"Rülpse" ist. Trotz seines Marktüberblicks ist er je nach Landesgepflogenheit aber durchaus dazu bereit Unsummen für minderwertige Qualität zu berappen - Hauptsache der Biergeschmack in seiner Kehle vermittelt ihm ein wenig Heimatgefühl in der Fremde. Der "Bierprüfer" stammt zu hundert Prozent aus Deutschland. Na denn, Prost!

amadea's world hat gesagt…

schneck - a little bit of Rita...


t.m. - Jo, eh. Mir ist der Apfelstrudel am liebsten.

Haha, t.m - ich bin eindeutig degeneriert.

Zechbauer - haha, es gäbe noch viele Typen !

amadea's world hat gesagt…

Ja, all diese Signo ritas....

Anonym hat gesagt…

so ein foto habe ich damals in prag auch gemacht (;

ich habe mal wieder eine internetphase. weblebendig. auferstanden. hallo. alles gut bei dir?

amadea's world hat gesagt…

Alles gut bei mir, roman, danke. ich genieße die ferien !