Mittwoch, Februar 20, 2008

immer ist was


Nun ist es bald soweit. Im April hab ich eine Lesung. Eine kabarettistische Lesung. Im örtlichen Kulturverein.
Es ist schon lange her, dass ich öffentlich gelesen habe. Das war in der Volkschule. Da gab es Lesewettbewerbe. Und jedes Jahr wurde ich von meiner Lehrerin zum Lesewettbewerb geschickt. Ich war nämlich immer die beste Leserin.
Wir hatten in der Klasse einen Leseberg. Da war ich immer ganz oben.
Heutzutage gibt es keine Leseberge mehr. Das wäre pädagogisch nicht vertretbar.
Mich hat das jedenfalls aufgebaut, immer ganz oben am Berg zu sein. Andere, die ganz unten waren, vermutlich weniger.
Lesen war meine Lieblingsbeschäftigung als Kind. Ich las ständig. Immer und überall. Ich las alles, was mir unter die Finger kam. Ich konnte mit vier Jahren lesen, erzählte mir meine Mutter, als ich erwachsen war. Warum ich es konnte, weiß ich nicht.
Ich kann mich auch nicht erinnern, ob ich jemals meine Mutter oder Oma gefragt hatte, was dieses und jenes Wort hieß.
Ich kann mich nur erinnern, dass es für mich ganz selbstverständlich war, lesen zu können.
Wann immer wir Besuch hatten, musste ich aus der Zeitung vorlesen. Mir kam das damals nichts Besonderes vor. Ich wusste nicht, warum dann alle einen Lobgesang anstimmten. Aber es gefiel mir. Vor allem bekam fünf oder zehn Schilling vom Besuch, für’s brav Vorlesen.
Dieses Mal bekomme ich auch Geld. Ein wenig mehr als fünf oder zehn Schilling. Ist das nicht toll?
Lo sagte gestern: Amadea, du musst nun endlich deine Lesung vorbereiten. Du kannst nicht ständig neue Geschichten schreiben, da kommst du nicht weiter. Du musst die Geschichten überarbeiten.
Ich mach das spontan bei der Lesung, Lo. Ich werde während der Lesung kürzen. Sätze, die mir nicht notwendig erscheinen, auslassen.
Lo war nicht einverstanden. Nein, das geht nicht, sagte sie. Wir setzen uns diese Woche zusammen und dann wählen wir die Texte aus, die du liest und dann überarbeitest du sie.
Aber das ist nicht so einfach in dieser Woche. Wir haben zwar Ferien, aber immer ist was.
Das Wetter ist schön, und ich muss raus in die Sonne.
Dann muss ich mich mit Freundinnen im Kaffeehaus zum Tratschen treffen.
Dann muss ich ins Fitness-Center, meine angefutterten Kilos wegturnen.
Dann muss ich zum Tanzkurz.
Dann muss ich die Fenster putzen.
Dann muss ich meine Söhne bekochen.
Dann muss ich am Balkon in der Sonne liegen und träumen.
Dann muss ich ausgehen.
Aber ich hab ja noch Zeit bis April. Bis dahin kann ich tausende von Seiten überarbeiten.
Das geht ganz schnell. Das hab ich an einem Abend.
Aber nun geht das nicht. Nicht in dieser Woche.
Immer ist was.
Ich mache das nächste Woche.
Nächste Woche ist nicht viel.
Nächste Woche ist nur wieder Schule, Konferenz, Vernissage, Besuch aus Dänemark, Zahnarzt und Geburtstag meiner Mama.
Das schaff ich leicht, nächste Woche.
Und wenn nicht, dann halt übernächste Woche.
Das hab ich schnell überarbeitet.
Das hab ich an einem Abend.
Und wenn ich nicht dazu komm zum Überarbeiten, macht das auch nichts.
Die Zuhörer verstehen das bestimmt.
Der Titel der Lesung sagt eh alles: Immer ist was.

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

But what is a "Leseberg"???

Anonym hat gesagt…

Sagst du auch, wann und wo du liest?
Oder find ich das alles dann eh im youtube, wenn was ist?
teach

solo hat gesagt…

Am besten alles auswendig lernen. Und als Anekdoten erzählen.
Jaja ich kenn das, wenn einer einem (eines, eine, einen usw.(schnittmenge aus einer und einem ist übrigens eimer))im geschriebenen herumkritteln will: "Das ist eine gute Idee aber so schlamperig geschrieben!"
"Dann sags mir besser." "Ich weiss doch auch nicht, also der Satz hier muss ans Ende und dieser Absatz vor." "Das ist doch unlogisch." "Aber schöner." "Jetzt muss ich noch eine halbe Seite dazuerfinden, um zu erklären, warum das sorum läuft." "Erklären ist doch gut." "Aber die dichterische Schlichtheit, die Eleganz, die entschwindet..." "Wo bitte?" (Der Dichter verteilt nun einen sauberen Linken Haken) "Ahh, süüsse Ruhe!"

Anonym hat gesagt…

mein onkel willi hat "immer ist was" auf seine art gesagt: "nie ist nix."
geht auch.

was die lesung angeht: mache dir vorher nicht zu viele gedanken. es kommt eh

anders.

amadea's world hat gesagt…

t.m. - der leseberg war ein plakat, das an der wand hing und auf dem die schüler, je nach leistung eingetraugen wurden. die guten oben, die schlechten unten.

youtube - genau, das ist DIE idee. da können mich meine schüler dann jeden tag anschauen.

solo - ich merk mir nicht mal ein guglhupfrezept.

ja, 500 - so hab ich es eh vor.