Donnerstag, Dezember 13, 2007

geh und such



Ich glaub, ich fing mit ungefähr fünf an, meine Weihnachtsgeschenke zu suchen.
Um diese Zeit war es ungefähr.
Mitte Dezember.
Ich fand sie immer.
Damals glaubte ich nicht mehr ans Christkind. Ans Christkind glauben hieß, zu glauben, dass das Christkind die Geschenke bringt.
Thomas hatte mir erzählt, dass die Geschenke nicht das Christkind bringt, sondern dass sie die Mama kauft.
Thomas hatte mir auch erzählt woher die Kinder kommen und wie sie gemacht werden.
Mit Thomas war ich im Kindergarten. Wir wollten beide heiraten. Später.
Mit Thomas konnte ich alles besprechen. Thomas und ich hatten keine Geheimnisse voreinander.
Thomas und ich küssten einander auch. Mit Zunge.
Das ging folgendermaßen: Ich streckte die Zunge ganz weit heraus und Thomas leckte mit seiner ganz kurz an meiner. Nur den Bruchteil einer Sekunde lang. Wir machten das natürlich nicht vor anderen Leuten. Wir machten das heimlich. Wenn wir nach Hause gingen vom Kindergarten.
Wir wurden nicht abgeholt. Wir gingen alleine nach Haus vom Kindergarten. Wir hatten denselben Heimweg. Dabei mussten wir immer durch eine Unterführung gehen. Tunnel nannten wir diese Unterführung.
Wir sagten nicht Tunnel sondern Tunell.
Immer wenn wir im Tunell waren, machten wir Zungenlecken. So nannten wir das.
Einmal kurz vor Weihnachten klärte mich Thomas auf.
Es gibt kein Christkind, sagte er. Das macht alles die Mama. Die kauft Geschenke und die versteckt sie dann und dann packt sie die ein und legt sie unter den Christbaum.
Und wer bringt dann den Christbaum? fragte ich. Den bringt nicht die Mama. Den könnte sie gar nicht tragen, so groß wie der ist.
Nein, den bringt dein Papa. Der holt den vom Wald.
Weißt du, redete Thomas weiter, ich war mal mit meinem Papa im Wald einen Baum holen. Der ist für den Herrn Pfarrer, sagte er. Aber ich glaubte ihm das nicht. Ich brach heimlich ein Asterl ab und dann am Heiligabend sah ich, dass das Asterl fehlte. Also, Amadea. Glaub deinen Eltern nicht. Die lügen dich an. Es gibt kein Christkind.
Das beschäftigte mich sehr.
Ich entschied, daran zu glauben, dass die Geschenke die Mama besorgte. Aber das mit dem Christbaum, das glaubte ich nicht. Weil Christbaum fand ich nie einen. So viel ich auch suchte.
Mama wusste natürlich nicht, dass ich nicht mehr an das Christkind glaubte. Niemals hätte sie das wissen dürfen. Ich wollte sie nicht enttäuschen und wollte, dass sie glaubt, dass ich glaube.
Und als eines Heiligen Abends die Puppe, die ich schon entdeckt hatte, nicht unter dem Christbaum lag, konnte ich meine Mutter nicht fragen, warum ich sie nicht bekommen hatte. Ich wusste, dass sie sie nicht gefunden hatte.
Sie war nämlich in der Garage hinter der Gasflasche gelegen, versteckt unter Papas dreckigen Overall. Ich bekam dann zu Ostern nicht nur Ostereier, Socken und den Plüschhasen, sondern auch die Puppe mit selbst gestricktem, rosafarbenem Pullover und Schihaube.
Als ich damals am Heiligabend zu Mama sagte, dass ich dem Christkind geschrieben hatte - weil ich hoffte, sie würde sich vielleicht daran erinnern, dass sie da draußen in der Garage unter dem Overall vom Papa liegt - da war sie ganz durcheinander.
Vielleicht bekommst du vom Osterhasen eine, sagte sie schnell, und – Nun mach dein Packerl auf.
Und im Packerl waren nur rosafarbene Socken und ein Buch.
Und so brachte der Osterhase die Puppe.
Als ich Mama fragte, warum die Puppe die warme Pudelmütze und den dicken Pullover trug, in derselben Farbe wie die Socken, die ich zu Weihnachten bekommen hatte, sagte sie nur: Ostern ist früh in diesem Jahr und der Osterhase will nicht, dass du frierst.

Also, ihr Lieben. Es ist nun Mitte Dezember und höchste Zeit, eure Geschenke zu suchen. Die Krawatte, die CD, die Schiunterwäsche und die Eduscho-Armbanduhr sind da irgendwo.

Hier einige Tipps:
Unter dem Sofa. Schmeiß die Socken in den Wäschekorb.
Zwischen den T-Shirts. Lass den Vibrator.
Auf dem Kleiderkasten. Staub gleich mal ab.
Unter dem Bett. Wohl schon drei Wochen nicht gesaugt?
Im Nachtkastl. Lass die Kondome. Die gehören dir nicht.
Hinter dem Sofa. Kannst gleich den Staubsauger holen und saugen.
Hinter dem Computer. Was machen all die Kulis das?
Im Stauraum in der Diele. Hast du die letzte Altkleidersammlung verschlafen?
Im Abstellraum unter den alten Zeitungen. Trag die gleich runter.
In der Sauna. Die gehört auch mal geputzt.
Im Hobbyraum im alten Kasten. Du liest Pornoheftln?
In der untersten Lade der Kommode. Feinrippstrick ist wohl wieder in?
Hinter den Vorhängen im Arbeitszimmer. Nimm sie ab und hau sie in die Waschmaschine. In der Speisekammer. Du hast keine? Na, dann halt im Keller.
In den Schachteln, die das rum stehen. Sind die noch von der Uroma?
Am Bücherregal hinter den Buchattrappen. Abstauben!
Unter dem Berg Bügelwäsche. Kannst gleich bügeln.
Unter der Abwasch. Das Abflussrohr ist verstopft. Mach das mal sauber.
Im Mikrowellenherd. Wisch den Fettfilm da weg.
Im Geräteschuppen. Geh gleich mal Schnee schaufeln.
Im Kofferraum. Morgen putzt du das Auto. Aber ordentlich.
Im Schmutzwäschekorb. Wasch endlich deine Unterwäsche.
In der Waschmaschine. Schalte den Schongang ein.
In der Garage hinter der Gasflasche unter dem dreckigen Overall.
Nun geh schon.
Such. Was, du findest nichts?
Na, dann wart auf Ostern. Über Krawatte, CD und Uhr freust du dich zu Ostern auch. Und die Schiunterwäsche kannst du als Pyjama anziehen.
Ostern ist früh in diesem Jahr und der Osterhase will nicht, dass du frierst.

Und wenn du nicht so schlampig wärst und den Overall gewaschen hättest, dann, ja dann…..
Aber noch ist ja Zeit.
Für den Weihnachtsputz.

6 Kommentare:

JMH hat gesagt…

The translator gave me "Christ child." In Austria, is it taught that baby Jesus brings the gifts? No Santa Claus? St. Nick?

Anonym hat gesagt…

Meine jüngere Schwester frug immer, ob ich wissen wolle, was ich bekomme, sie wisse bereits bescheid ...

jmh, the "christ child" is special in southern Germany, Austria and Switzerland. This character is originally based on the little christ. The perhaps most famous "christ child" is the "Kindl" ("little child") in Nürnberg, Germany, played by a young girl with golden hair (just for the people who always want to have a human face). We have a lot of such figures, oftenly used only in some regions or even valleys. I found also this interesting page in English. But for some years now I'm indeed in doubt who's really bringing the gifts ...

Anonym hat gesagt…

ich war lange der meinung, das christkind sei weiblich. erst vor wenigen jahren machte mir jemand den verflucht engen zusammenhang zwischen dem jungen jesus und dem christkind klar. eindeutiger fall von aha- oder eher vllt noch oha-erlebnis.

Anonym hat gesagt…

Снегурочка ist weiblich. Aber dabei handelt es sich um ein Schneeflöckchen. Das Christkind ist hingegen in meinen heidnischen Augen immer das Jesuskind gewesen. Mich wundert inzwischen auch nicht, daß es am 24. schon durchaus nicht mehr neugeboren daherkommt, ist man sich doch heute ohnehin nicht mehr sicher, ob das Jahr 0 überhaupt mit dem Jahr der Geburt identisch ist, oder diese nicht schon vier bzw. sieben Jahre früher stattgefunden haben könnte.

amadea's world hat gesagt…

Well, jmh - t.m. exolained ti wonderfully.

t.m. - I am impressed - not only by your knowledge but also by your excellent command of the English language.
And thanks for the link. I will use it at school for my English-lessons.

fusserl - mir ging das genauso. Als Kind hab ich das Christkindl, das durch's Fensterkommt, nicht mic dem Jesukind in Verbindun gebracht.

amadea's world hat gesagt…

exolained ti =m explained it.
I probably had too much mulled wine today.