Sonntag, Oktober 28, 2007

die räuber


Es reicht.
Jedes Jahr im Frühling, so um die Osterzeit, stiehlt man mir eine meiner Stunden. Ich hasse das.
Da kommt einer daher, immer zur Nachtzeit, und holt sich eine Stunde. Und wenn ich dann aufwache, ist sie weg.
Mein Frühling, mein Sommer, mein Leben ist um eine Stunde kürzer.
Da beginnt die schönste Zeit im Jahr und diese schönste Zeit ist um eine Stunde kürzer. Diese Stunde, die gerade zu jener Zeit so kostbar wäre. Ich hätte diese Stunde gebraucht. Sehr notwendig sogar.
Ich habe diese Stunde schon eingeplant.
Damals, im Frühling. Ich wollte genau in dieser Stunde in der Sonne sitzen. Diese eine Stunde wäre die wunderbarste Stunde des ganzen Sommers geworden. Diese Stunde fehlte mir den ganzen Sommer über.
Der Sommer war um eine ganze Stunde kürzer! Und das gerade bei uns, wo der eh schon so kurz ist. Ich leb’ ja schließlich nicht in Kalifornien sondern im Gebirg’. Da, wo die Sonn’ wegen der hohen Berg' ohnehin weniger lang scheint als anderswo.
Und den ganzen Sommer lang habe ich diese Stunde nicht mehr zurückbekommen. Nicht mal im September habe ich sie zurückbekommen.
Weißt du, wann ich sie zurückbekommen habe? Heute. Ja, heute. Das ist nicht zu glauben, nicht wahr? Aber so ist das. Eine Frechheit ist das. Unfassbar ist das. Heute bekomme ich sie zurück. Mitten in der Nacht. Heute, an diesem grauen Regentag bekomme ich die Stunde zurück.
Ich will diese Stunde nicht! Nicht heute!
Jedes Jahr dasselbe Theater. Jedes Jahr der Ärger. Mir reicht das. Ich will an einem depressiven Spätoktobertag keine Stunde dazu haben. Ich will nicht, dass der Oktober eine Stunde länger dauert. Ich will auch nicht, dass der November eine Stunde länger dauert. Ich will prinzipiell nicht, dass der Winter eine Stunde länger dauert. Das bedeutet eine Stunde länger rinnende Nase, Halskratzen und Frostbeulen.
Ich will diese gestohlene Stunde im Juni wiederhaben. Oder im Juli. Meinetwegen auch im August. Aber nicht Ende Oktober.
Ich werde heute all die Stunden, die man mir gestohlen hat und wieder gebracht hat, vor die Wohnungstür legen. Da haben sich einige angesammelt in all den Jahren. Ein großer Haufen ist das. Morgen früh sollen die kommen und den ganzen Krempel aufladen. Im Juli können sie mir die Stunden bringen. Oder im August. An einem warmen, klaren, sonnigen Tag. Da will ich dann die gestohlenen Stunden alle auf einmal.
An einem Sonntag.
Gleich nach dem Frühstück.

4 Kommentare:

saxana hat gesagt…

Ganz genau, Amadea. Ich willlll das auch so!

saxana hat gesagt…

sbjdcwr

Anonym hat gesagt…

Fliegen Sie mal nach Osten, madame Amadea, ich meine richtig weit. Alle paar Stunden wird einem da eine Stunde geklaut. Und man muß schon noch viel weiter, bis auf den Pazifik hinaus, um die zurückzubekommen. Wer macht das schon? Das ist gemein.

amadea's world hat gesagt…

saxana, und heute war alles wieder so wie immer. Schnee weg. Und die Sonne ganz tief. Und das Licht wunderbar.

t.m. Ich war noch nicht mal im ehemaligen deutschen Osten. Ich will das eh mal machen. Und Russland. Das wär interessant. So viel was man tun will und sehen.