Freitag, September 07, 2007

das schwarze schaf


Nun war es also weiß gestern Morgen. Und es schneite in großen Flocken.
Da hat der Heinz doch recht gehabt und die Schulter von der Hanni auch und dem Sepp sein Kreuz ebenfalls.
Und es schneit wie im Jänner und ich sehe die Kühe da auf der Wiese. Vor meinem Haus. Grantig sind sie. Kein Wunder ist das. Bin ja sogar ich grantig obwohl ich keinen Grund zum Grantigsein habe. Ich sitze in der warmen Wohnung und trinke Kaffee und esse ein Kipferl. Die Kühe stehen auf der kalten Wiese und essen und trinken nichts. Würden sie ohnehin nicht wollen. Sie wollen in den Stall, in den warmen.
Da stehen sie und starren auf die Wiese, die heute weiß ist. Und weit und breit kein Grashalm zu sehen.
Sie sind wahnsinnig grantig heute. Ich sehe das von hier aus.
Es ist kalt und überall ist Schnee.
Ich höre sie fluchen.
Fluchende Kühe klingen bedrohlich. Heute fluchen sie ordentlich. Sie schreien wild Kuhdreck, elendiger und Kruzibauer, verdammter und Misthaufen, depperter.
Sie stampfen mit den Kuhbeinen, rollen die Kuhaugen, wedeln mit dem Kuhschwanz hin und her und vor und zurück und schlenkern das Euter wild herum, dass fast die Milch heraus spritzt. Sie wippen mit dem Kopf auf und ab und hin und her und drehen ihn auf alle Seiten.
Vorige Woche gab es schon große Aufregung auf der Wiese. Da war es noch Sommer. Und noch niemand hat vom Obaschneib’n geredet, sondern nur vom Herbstln. Aber es war noch warm. Es war alles wie immer.
Und auf einmal war nicht mehr alles wie immer.
Eines Tages war alles anders. Weil es kam eine neue Kuh dazu. Eine ausländische. So sah sie auch aus. Vermutlich eine Kuh aus Skandinavien, so blond wie die war. Sie war nicht gefleckt, sie war weißblond. Und das gefiel den anderen Kühen gar nicht.
Arm, diese weißblonde Kuh, wie sie dastand. Ganz allein, inmitten der gaffenden, braun gefleckten, einheimischen Kühe.
Eine weißblonde Kuh inmitten von gefleckten ist wie ein schwarzes Schaf inmitten von weißen. Oder wie eine dumme Gans inmitten von klugen. Oder wie ein faules Schwein inmitten von fleißigen.
Gestern haben die Kühe nicht geflucht. Gestern haben sie geglotzt und getuschelt. Sie haben die weißblonde Kuh ignoriert, sich über sie lustig gemacht. Sie haben sogar einen Blondinenwitz erzählt. Und dann haben sie gelacht. Und die weißblonde Kuh hat ganz traurig geschaut. Ich glaube, sie hat sogar geweint.
Und heute in der Früh ist alles ganz anders. Heute steht die weißblonde Kuh ganz zufrieden da. Die freut sich heute. Weil heute fällt sie nicht auf. Heute ist sie nicht das schwarze Schaf oder die dumme Gans oder das faule Schwein. Heute steht sie da wie eine Göttin und blickt hinauf in den Himmel. Sie beobachtet, wie die Schneeflocken die grüne Wiese in eine weiße Decke verwandeln. Sie freut sich.Je weißer es wird umso mehr freut sie sich.
Sie wird die ganze Nacht da stehen bleiben und sich freuen und die anderen Kühe werden fluchen bis sie müde sind und dann umfallen. Und am Morgen wird der Bauer kommen und die Kühe in den Stall bringen. Und die weißblonde Kuh wird die erste sein. Und sie kann sich dann den schönsten und wärmsten Platz im Stall aussuchen.

Nun ist später Nachmittag.
Die Wiese ist nicht mehr weiß. Sie ist wieder grün.
Die Kühe fluchen nicht mehr, sie grasen wieder.
Alles ist wie immer.
Die weißblonde Kuh ist wieder ein schwarzes Schaf.
Und sie schaut ganz traurig und weint auch ein bisschen.

2 Kommentare:

saxana hat gesagt…

Und ich muss die Blumen reinholen. Aber es regnet (nicht)und ich werde das verschieben, bis die Sonne wieder ........

amadea's world hat gesagt…

Die Blumen bleiben auf jeden Fall draußen. Mir kommt vor, hab sie eh est grad rausgestellt.