Du findest hier keinen Platz, an dem es ruhig ist.
Nicht, wenn du mit Halbwüchsigen unterwegs bist, deren Gedanken um McDonalds und Shopping kreisen.
Es gibt Frauen, die auch in der größten Hitze aussehen, als seien sie gerade einem sprudelnden Pinienbad entstiegen. Teint und Frisur makellos. Wie Statuen stehen sie da im dampfenden U-Bahnwaggon.
Keine Schweißränder, keine schwarzrandigen Fingernägel. Meist pastellfarben gekleidet, ein feines Goldkettchen ziert den Hals.
Ich gehöre nicht zu diesen Frauen.Ich sitze schwitzend da, Bluse und Rock feucht, die Wasserflasche klebt an meiner Hand. Geduldig antworte ich zum dritten Mal auf die Frage, wo wir hinfahren.
Camden Market.
Müde sind sie. Und aufgedreht.
Trotz der Hitze hält Max seine Julia fest umschlungen.Wo nun wohl Stefan ist? Er hat nicht bemerkt, dass wir umstiegen, obwohl ich es mehrmals gesagt habe.
Ein Schüler bemerkt, dass ihm sicherlich etwas zugestoßen ist. Er sei der Typ, der, wenn ihn jemand bestehlen will, sich wehrt. Ich beruhige mich mit der Bemerkung, dass Stefan schon siebzehen ist, und sich sicher im British Museum die Ägyptenausstellung ansieht. Geschichte sei sein Lieblingsfach, erzählte er mir gestern.
Wir steigen aus und gehen Richtung Camden Lock, wo es ruhiger ist. Ich schicke sie in Gruppen weg . Die Marktstände mit billigem Tand locken sie. Geld haben sie nur mehr wenig. Ein Mädchen fragt mich noch schnell, was sie ihrem Vater als Souvenir mitbringen soll. Ich habe keine Ahnung.
Ich atme auf als sie außer Sichtweite sind. Eine Stunde habe ich Zeit.
Wie jedes Jahr gehe ich in dieses kleine italienische Restaurant, bestelle mir ein Glas Rotwein, ein großes Glas Soda mit Eis und Tomaten mit Mozarella und Basilikum. Es ist wie ein Ritual. Ich versinke im weichen Polster und merke, wie der Wein mich beruhigt und das Eis mich kühlt. Den Gedanken an Stefan kann ich verdrängen. Natürlich ist er am Abend in der Jugendherberge. Das war immer so. Es ist ja nicht das erste Mal, dass ein Schüler den Anschluss an die Gruppe verpasst.
Als wir zur Jugendherberge kommen, sitzt stefan auf den Stufen vor dem Eingang. Verschwitzt und erleichtert, dass wir hier sind. Er wischt sich schnell eine Träne von der Wange. Im British Museum war er nicht. Nur in der Oxford Street, bei McDonalds. Seit zwei Stunden sitzt er und wartet. Er wollte uns nicht verpassen.
Sie gehen hinauf in ihre Zimmer und machen sich frisch für das Musical, das wir uns ansehen. Morgen um diese Zeit sitzen wir im Flugzeug.
Und ich werde aufatmen.
Samstag, Juli 01, 2006
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3 Kommentare:
Ah, London, wie schön, wenn auch anstrengend bei diesen Temperaturen.
Da haben Sie sicher einen kleinen Vorrat an Shortbread mitgebracht.
Ich nehme crumpets, baked beans, all-bran sticks, Shampoo von Charles Worthington und curry-powder mit. Und meine Nachbarin, die Flugbegleiterin, versorgt mich regelmäßig :-)
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