Freitag, März 09, 2007

die bank Ihres vertrauens


Wenn du bei uns unterwegs bist, egal mit Fahrrad oder zu Fuß, siehst du alle paar Meter eine Bank.
Nicht die Bank, die du meinst. Nein, eine Holzbank. Auf die man sich setzen kann.
Neben der Bank ist fast immer ein Mistkübel. Und auf der Bank ein paar Leute, meistens ältere, oft mit Gehstöcken. Aber nur wenn die Sonne scheint.
So eine Bank ist meist eine Spenderbank, auch Bankspende genannt, weil sie von jemandem gespendet wurde. Meistens wird die Bank von einer Firma gespendet.
Die Organisation, die diese Bankspenden betreut, nennt man Bankspendenbank.
Der Chef einer solchen Organisation nennt man Bankmanager.
Bei uns gibt es ziemlich viele Bänke, die von einer Firma gespendet wurde. Diese Firma heißt Atomic.
Atomic spendet sowieso viel.
Das neueste Feuerwehrauto der Freiwilligen Feuerwehr des Ortes ist auch von Atomic. Es ist rot so wie alle Feuerwehrautos. Aber es hat einen großen weißen Atomic-Stern auf der Seite und Autogramme der berühmten Schifahrer. Natürlich nur derer, die einen Atomic-Schi fahren. Manchmal spendet auch eine Bank eine Bank.
So eine Bank nennt man Bankbank. Die hat ein kleines Schild drauf, auf dem steht: Gespendet von Ihrer Bank. Auch wenn das nicht deine Bank ist. Ihrer steht in jedem Fall drauf.
Ein wenig komisch, weil wir mehrere Banken haben.
Gut, dass die Gesetze zur Einhaltung der idyllischen Berglandschaft so streng sind, sonst würden überall rote Bänke mit einem Atomicstern herumstehen. Das wäre für die meist älteren Bankbenutzer mit Sehbehinderung und mit oder ohne Gehstöcke ein Vorteil, weil sie schon von weitem zu sehen wären.
Jedenfalls sind die Atomicbänke nicht rot sondern braun. Aber sie haben ein rotes Schild, ein kleines. Auf dem steht: Gespendet von Atomic.
Komischerweise steht da nicht: Gespendet von Ihrer Schifirma, obwohl es bei uns nur eine Schifirma gibt. Eine kleiner Atomicstern ist immer drauf.
Ich sitze nicht oft auf einer Bank.
Das hat zwei Gründe. Erstens, weil Bänke an schönen Tagen ohnehin immer besetzt sind, meist mit älteren Menschen mit Gehstöcken und mit oder ohne Sehbehinderung.
Zweitens, weil mich der Anblick und der Geruch des Mistkübels stört. Die Fliegen stört das nicht, aber mich stören auch die Fliegen.
Bänke stehen immer an besonderen Plätzen. Da wo ein Berg oder da wo ein See ist. Oder ein alter Baum oder eine große Wiese.
Weil wir viele Seen, Berge, Bäume und Wiesen haben, haben wir auch viele Bänke. Und um diese Bänke muss sich jemand kümmern.
Diese Person ist verantwortlich dafür, dass überall, wo Berg, See, Baum oder Wiese sind, eine Bank hinzustellen. Diese Person nennt man Banker. Der Banker ist meist Gemeindeangestellter. Der Banker fährt zu Beginn des Frühlings landauf und landab, schaut die Landschaft an und entscheidet, wo eine Bank zu stehen hat. Die stellt er dann mit einem zweiten Banker auf.
Wenn ein neuer See entstanden ist oder ein neuer Berg, dann braucht der Banker eine neue Bank. Dann schreibt der Banker an Atomic oder eine andere Firma und fragt um eine Bankspende.
Die Firma sagt dann manchmal ja.
Atomic sagt immer ja.
Der Banker geht darauf hin zum Zimmermann und bestellt eine Bank. Dann stellt er sie mit dem zweiten Banker auf und klebt ein Spenderschild drauf.
In unserem Ort gab es einmal einen besonders kreativen Banker.
Der stellte an den ungewöhnlichsten Orten Bänke auf.
Mitten in einer Wiese stellte er zehn Bänke kreisförmig auf.
Er nannte dieses Gebiet Stonebench.
Mitten am Parkplatz des Supermarktes stellte er Bänke auf.
Die nannte er Parkbänke.
Vor dem Computergeschäft gleich beim Eingang stellte er eine auf. Die nannte er Datenbank.
Und vor dem Sonnenstudio stellte er eine auf. Die nannte er Sonnenbank.
Vor der Gärtnerei stellte er auch eine auf. Die nannte er Samenbank.
Auch vor der Bank Ihres Vertrauens stellte er eine auf.
Die nannte er Bankomat.
Dieser Banker wurde bald entlassen.
Nicht weit von hier gibt es einen Kreisverkehr mit einer Grünfläche in der Mitte.
Und da steht eine Bank. Ich habe noch niemals irgendjemanden da sitzen sehen.
Wann immer ich da vorbei fahre, es sitzt nie jemand auf dieser Bank. Auch nicht im Sommer.
Es ist eine ganz gefährliche Stelle.
Ständig fahren Autos hin und her.
Es gibt weder Zebrastreifen noch Fußgängerübergang.
Ich wollte wissen, wer diese Bank gespendet hat.
Diese Selbstmörderbank.
Und ich wollte testen, ob ich es schaffe, zwischen den vielen Autos, die wild im Kreisverkehr herum, hinein und hinaus fahren, zur Bank zu gelangen.
Ich wusste, das war eine lebensgefährliche Sache.
Es dauerte eine halbe Stunde. Ich war geschafft, als ich mich erschöpft auf der Bank niederließ.
Und ich lese die Aufschrift:
Gespendet von SixFeetUnder. Ihr Bestattungsinstitut.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

hach, ihre geschichten sind so köstlich, machen süchtig.
ich bin's!

amadea's world hat gesagt…

wow. was für ein kompliment.
engraver, darfst mich schon duzen. das machen wir hier in österreich alle.
und ich hab nach deiner site gegoogelt und hab g'merkt, dass du nicht mehr bloggen willst. stimmt das? und warum?
kann man überhaupt aufhören?
vielleicht auch nur a pause?