Dienstag, Februar 23, 2010

only the strong . . .


Du bist jenseits der vierzig und hast dir einen neuen Computer gekauft.
Nach zwanzig Minuten des Auspackens findest du die Gebrauchsanleitung der Dicke eines Telefonbuchs.
Auf Seite fünfhundersiebenundvierzig findest du die von Japanisch auf Finnisch auf Deutsch übersetzte Anleitung und gleichzeitig die freundliche Mitteilung- kein Kabel inklusive.

Weil du an Technophobie leidest und nicht weißt, welche Kabel du brauchst, fährst du zurück zum Megacomputerstore, deren Verkäufer alle männlich und unter 23 sind, um den Kampf aufzunehmen.
Du hast deinen zwölfjährigen Neffen als Übersetzer, die Gebrauchsanleitung und Fotos von der Rück-und Vorderseite deines Computers dabei und auch die Hoffnung, dass diese Reise eine einmalige ist.
Du kommst an im Megacomputerstore. Das Donnergrollen der Musikabteilung wird unterbrochen von Gewehrsalven der Spielkonsolen und Explosionen der Heimkinos. Trotz des akustischen Großangriffs unterdrückst du deinen Fluchtreflex und folgst dem Schild Computerzubehör.
Du irrst durch das Kabelgewirr, in der einen Hand den Neffen, in der anderen die Computerfotos in Hochglanz und die Gebrauchsanleitung.
Du gehst vorbei an einem Verkäufer, dessen blonde Vorhangfrisur nicht erkennen lässt, ob da irgendwo ein Gesicht ist, und der mit einem Kunden mit gleicher Frisur in schwarz in ein Gespräch vertieft ist.
Nach einer Weile des Herumwanderns glaubst du, dass du am richtigen Ort und Platz bist, aber weil der Neffe auch nichts weiß, bleibst du neben einem Verkäufer stehen, der an einem Pult lehnt und in einem Magazin blättert.
Er hebt den Kopf, sieht dich an, widmet sich wiederum des Umblätterns und fragt Ja?
Ich brauch Kabel, sagst du. Die waren nicht dabei.
Wie dabei? Er blättert weiter.
Du weißt, dass ihn das Magazin mehr fasziniert als du und deine Kabel, aber das hilft nun nichts. Da musst du durch, Burscherl. Auch wenn du lieber über Megagigagagabytes, Displays und Parallellprozessorengraffl reden würdest, ich brauch nur ein oder zwei Kabel.
Ich brauch nur die Kabel dazu, sagst du, und zeigst ihm die Hochglanzfotos und den Übersetzer, den zwölfjährigen.
Also, Sie brauchen nicht nur Kabel, Sie brauchen auf jeden Fall auch ...
Du merkst, dass er dir nun einen Vortrag halten will, um den Neffen zu beeindrucken.
Dich beeindruckt das nicht also unterbrichst du ihn: Packen Sie mir einfach ein, was ich brauche, okay?
Du bin nun nicht in der Stimmung, dir alles übersetzen zu lassen. Auch wenn das den Neffen enttäuschen mag. Egal. Du willst hier raus.
Der Verkäufer schnappt einen Plastikkorb, packt ohne zu schauen in Windeseile Kabel, Stecker, Schalter und eine graue Box ein.
Du weißt, dass die Box nicht zu deinem Computer passt, du fühlst es. Du schaust den Übersetzer an, der nickt und du sagst nichts. Du willst ihm das Gefühl geben, gebraucht zu sein.
Du bezahlst, fährst anschließend mit ihm zum Mac und dann bringst du ihn heim.

Zu Hause angekommen, packst du in Ruhe alles aus und bemerkst, dass du die Gebrauchsanleitung im Computermegastore vergessen hast.
Und du sitzt da und starrst auf die Box, die graue.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Drum geh ich nicht mehr in solche Läden. Das ist mir zu doof da. Man muss immer mehr wissen als der Verkäufer und ihm ganz genau sagen, was er machen soll. Das versteht er meist nicht und muss einen Kollegen fragen. Dem muss man dann wieder alles erklären. Er schüttelt dann den Kopf, hamwa nich, obwohl man hinter ihm im Regal das Zeugs stehen sieht. Argh ... - Ware gegen Geld tauschen, kann ich auch im Internet.

P.S.: Das Bild geht gar nicht. Ich dachte eher an sowas wie beim vorvorletzten Beitrag, nur eben mit Computer.

amadea's world hat gesagt…

Ich geh da auch nicht hin. Freundin erzählte mir die Geschichte, und ich hab sie a bisserl ausgeschmückt.