Sonntag, Juni 17, 2007

wise men say

Was für ein Unsinn einem doch als Kind erzählt wird.
Diese gut gemeinten Ratschläge von Müttern und Großmüttern.
Ein Ratschlag an sich ist schon eine dubiose Sache, setzt sich das Wort doch aus Rat und Schlag zusammen. Mehr ist dazu nicht zu sagen. Und gut gemeint ist das Gegenteil von gut.
Ich habe keine Ahnung, warum all diese Geschichten erfunden wurden. Kann ja sein, dass sie irgendwann einmal einen tieferen Sinn hatten. Ich vermute aber eher, diese Ratschläge dienten dazu, ein Kind jeden Tag daran zu erinnern, wie wenig es weiß und wie klug und erfahren die Erwachsenen sind.
Man nennt diese unsinnigen Regeln Volksweisheiten. Ich nenne sie Volksdummheiten.

1 Niemals mit nassem Haar schlafen gehen. Du bekommst Kopfweh.
2 In Monaten, die ein R im Wort haben, sich nicht im Freien auf den Boden setzen. Du wirst dann keine Kinder bekommen.
3 Nicht schielen. Die Augen könnten stecken bleiben.
4 Nicht mit der Schere in der Hand herum laufen.
Wenn du fällst, dann stichst du dir die Augen aus.
5 Nichts ins Hallenbad pinkeln, das Wasser verfärbt sich rot.
6 Nicht Daumen lutschen, du bekommst vorstehende Zähne.
7 Wenn es donnert, dann schimpft der liebe Gott.
8 Nicht onanieren, davon wird man verrückt.
9 Keinen Kaugummi schlucken, das verklebt den Darm.
10 Kein Wasser trinken, wenn du Kirschen gegessen hast.

Ich habe all das gemacht. Heimlich. Vermutlich weil mir Mama immer wieder gesagt hast, es nicht zu tun.
Ich bin mit nassen Haaren schlafen gegangen. Ich hatte kein Kopfweh danach. Ich hatte eher Kopfweh wenn ich nicht schlafen ging und die Nacht über aufblieb. Und dabei waren meine Haare immer trocken.
Ich saß das ganze Jahr über im Freien am Boden. Auch im Winter. Ich bin sogar im Monat mit zwei R’s im Wort am Boden gesessen. Und ich habe zwei Kinder.
Ich habe immer wieder geschielt. Vor allem während der Matheschularbeit. Meine Augen blieben nicht stecken. Die Matheschularbeit war dadurch aber auch nicht besser. Weil meine Sitznachbarin schielte ebenfalls. Zu mir herüber.
Ich bin, wenn meine Eltern nicht da waren, absichtlich mit der Schere herumgelaufen und habe mich absichtlich auf den Boden geschmissen. Trotzdem habe ich noch beide Augen. Meiner Schwester hätte ich einmal fast die Augen ausgestochen. Aber das hatte nichts mit dem Laufen zu tun. Wir saßen beide. Sie nervte mich. Und wenn sie nicht gelaufen wäre, und zwar weg, hätte sie nun ein Glasauge.
Ins Hallenbad hab ich selten gepinkelt. In den See ständig.
Daumen gelutscht habe ich auch. Und meine Zähne sind gerade und stehen nicht vor. Das mit dem Donnern und dem lieben Gott ist so eine Sache. Er schimpfte sicherlich mit mir dann und wann.
Aber als Kind haben wir immer gesagt. Schimpfen tut nicht weh und Hauen ist gleich vorbei. Und geklatscht hat er mir noch nie eine, der liebe Gott, nicht einmal, als mich meine Oma erwischte, als der Nachbarbub und ich in der Scheune Doktor spielten. Aber die Oma hätte mir fast eine geklatscht. Sie aber war dermaßen geschockt, dass sie reglos da stand und ich konnte entwischen.
Okay, verrückt bin ich ein wenig. Aber wer will schon normal sein.
Vor einigen Tagen sagte meine Nachbarin zu mir. Amadea, du bist durchgeknallt. Aber auf eine sehr liebe Art. Ist das nicht ein tolles Kompliment?
Also, weiterhin onanieren, wenn es sein muss. Sonst werden wir alle so normal, dass wir durchdrehen. Und dem muss man doch vorbeugen, oder?
Ich schluck nach wie vor manchmal den Kaugummi. Das ist wie Zähneputzen im Magen. Da kommt dir vor, du hast Mundwasser geschluckt. Ein durch und durch frisches Gefühl die ganze Speiseröhre hinunter bis zum Magenausgang.
Ich esse selten Kirschen und wenn, dann spucke ich den Kern ganz weit weg.
Und Wasser danach? Keine Ahnung. Ich bin nach dem Kirschen essen so voll, dass ich keinen Schluck Wasser trinken kann.
Geschichten werden viele erzählt. Unsinnige. Und sie stimmen alle nicht.
Als ich siebzehn war, sagte mein Vater zu mir. Du wirst niemals einen Mann bekommen, Amadea. Mit deiner aufmüpfigen Art. Bekommen hab ich einen. Und er blieb ziemlich lang. Und aufmüpfig bin ich nach wie vor. Manchmal. Und trotzdem stellen sich die Männer an bei mir. Reihenweise. Im Gänsemarsch. Na ja, nun übertreibe ich.
Aber man kann ja viel erzählen, nicht wahr? Die Geschichten, die man erzählt, müssen nicht stimmen. Drum heißen sie ja Geschichten.
Glaub doch nicht,was man dir sagt. Alles erlogen und erstunken.

8 Kommentare:

hannamaja hat gesagt…

Ein Gichtkranker wird sein Leiden los, wenn er Zweige eines Johannisstrauches anfasst, die zuvor von einer nackten Jungfrau bei abnehmendem Mond gestohlen wurden.
also, wenn das nicht hoffnung macht für alle gichtkranken???
annanym

amadea's world hat gesagt…

Also, ich komm da nicht in Frage, ich bin Waage.

saxana hat gesagt…

Aha, deswegen stehen so viele bei dir an, weil du Waage bist. Waagen sollen sich angeblich nur mühsam entscheiden können.

Anonym hat gesagt…

Wenn du alle Verbot einzeln übertrittst, dann mag das gut gehen - aber probiere alle auf einmal aus. Dann wirst du sehen, was alles passieren kann ...
teacher

hannamaja hat gesagt…

übrigens, ob in einem monat ein "r" ist oder nicht, kann man selbst entscheiden: septemba, oktoba, novemba, dezemba, jänna, feber,....ja, im märz und im april MUSST du schuhe anziehen und darfst nicht auf dem boden sitzen!! DAS IST SO!!!
annanym

Unknown hat gesagt…

Jaaaa - die kenne ich alle (und habe sie auch oft genug gebrochen). in Monaten mit R waren auch Strumpfhosen absolutes Gebot - damals vor der Klimakatastrophe..

JMH hat gesagt…

I ran with scissors once. I fell and poked my eye out. But it was that freakish third eye growing out of my forehead, a bad genetic mutation, so everything turned out all right. Except for the excruciating pain.

amadea's world hat gesagt…

saxana, alles erlogen und erstunken.

teacher, das mag ich mir gar nicht ausmalen.

Bauernregeln sind da, um übertreten zu werden. Das ist so, anna.