Mittwoch, April 25, 2007

to pee or not to pee


Wenn du als Frau in einer öffentlichen Toilette dein Geschäft verrichten willst, dann ist das nicht so einfach.
Weil wenn du in ein öffentliches Klo gehst, dann hast du es meist eilig. Niemand würde freiwillig in eines gehen.
Und damit beginnt die Misere.
Wann immer ich in so einer öffentlichen Bedürfnisanstalt war – so heißt das auf Österreichisch – dann hatte ich das Bedürfnis, die Sache so schnell wie möglich hinter mich zu bringen.
Unlängst war es wieder so weit. Ich hatte dieses Bedürfnis. Und dieses Bedürfnis musste auf der Stelle befriedigt werden. Egal ob öffentlich oder nicht.
Ich sause also die Treppe hinunter. Sausen ist der falsche Ausdruck. Ich watschele eher. Mit zusammengepressten Knien und Oberschenkeln und x-beinigen Unterschenkeln. Und ich sehe eine lange Warteschlange von Frauen, deren Beine ebenfalls die unterschiedlichsten Verrenkungen zeigen.
Gequält lächle ich und grüße. Ganz hinten stelle ich mich an.
Ich versuche, nicht an mein Bedürfnis zu denken. Aber das ist nicht so einfach bei all dem Plätschern, Rauschen, Tropfen und Glucksen.
Endlich bin ich dran. Eine Tür geht auf. Ich sause hinein und überrenne fast die Frau, die da raus kommt.
Schnell schaue ich sie an – der Gedanke, dass ihr nackter Hintern auf dem Sitz war, auf den ich den meinigen nun gleich platzieren werde, gefällt mir gar nicht.
Aber mein Bedürfnis ist nun so stark, dass alles andere keine Rolle mehr spielt. Endlich am Ziel. Endlich. Schnell die Tür verriegelt. Das Schloss ist kaputt. Die Tür lässt sich nicht verriegeln. Macht nichts.
An der Wand ein Kasten mit der Aufschrift: Schützen Sie sich – Toilettensitzauflagen für Ihre persönliche Hygiene.
Natürlich leer. Wie immer. Egal.
Ich will meine Tasche auf den Türhaken hängen, aber da ist keiner. Wie immer.
Stell die Handtasche nicht auf den Boden, höre ich meine Oma sagen. Niemals würde ich, Oma.
Ich hänge mir die Handtasche um den Hals. Sie baumelt bedenklich hin und her. Jeans runter. Ich nehme die Schranzhocke ein. Meine Oberschenkel beginnen ein wenig zu zittern. Zeichen meiner mangelnden Kondition. Hinsetzen wäre gemütlich.
Setz dich ja nicht, höre ich die Oma sagen. Nicht in einer öffentlichen Bedürfnisanstalt.
Aber niemals, Oma. Nicht wenn ich den Klositz nicht abwische. Aber dazu hatte ich ohnehin keine Zeit.
Um mich abzulenken von meinen zitternden Oberschenkeln, greife ich zum Klopapierhalter. Kein Klopapier mehr da. Wie immer.
Hättest du versucht, den Sitz abzuwischen, dann hättest du gemerkt, dass kein Papier da ist, höre ich die Oma sagen.
Ja, Oma. Aber ich wische den Sitz niemals ab. Da graust mir. Ich mache immer die Schranzhocke.
Meine Oberschenkel zittern bedenklich. Irgendwo muss in der Tasche ein angeschneuztes Taschentuch sein. Es ist schwierig, bei zitternden Oberschenkeln und baumelnder Tasche das Taschentuch zu finden. Blind. Mit einer Hand. Endlich. Ich knülle es leicht zusammen. Es ist sehr klein. Zu klein. Es hat die Größe eines Daumennagels.
Zack – die Tür öffnet sich, schwingt gegen die Handtasche. Ich verliere fast das Gleichgewicht.
Besetzt, schreie ich und knalle die Tür mit der Hand zu. Das Taschentuch liegt nun am Boden. Das kann ich vergessen.
Ich verliere nun endgültig das Gleichgesicht und meine Beine den Bodenkontakt. Ich klatsche mit dem nackten Hintern auf den Klositz. Er ist nass. Klatschnass. Mein Hintern auch. Klatschnass. So wie das angeschneuzte Taschentuch vor mir da auf dem Boden.
Ich springe auf. Ich weiß, es ist zu spät. Mein Hintern ist nun voller Keime und irgendwelcher Lebewesen, deren Namen ich nicht kenne.
Ich höre die Oma schon wieder. Kind, was machst du denn? Weißt du nicht, was für grausliche Krankheiten du dir da einfangen kannst? Du solltest Papier auf die Klobrille legen. Oma, es ist zu spät, halt nun deinen Mund. Ich habe andere Sorgen. Und ich mach immer die Schranzhocke, Oma. Immer. Auch wenn Klopapier da ist.
Plötzlich höre ich es rauschen. Es rauscht so laut wie die Krimmler Wasserfälle während der Schneeschmelze.
Die automatische Klospülung hat sich in Gang gesetzt. Ich habe sie vermutlich verwirrt durch meine unkontrollierten Bewegungen.
Ein Schwall von kaltem Wasser, stark wie der eines Feuerwehrschlauchs, ergießt sich auf mein Hinterteil. Fast hätte er mich runter gespült. Gerade noch kann ich mich am leeren Klopapierhalter festkrallen. Es ist nun alles egal.
Ich bin klatschnass, voll mit Keimen und kleinen Tierchen, fertig, müde, ausgelaugt. Ich ziehe mich an, krame einen Kassazettel aus meiner Tasche hervor und wische die Klobrille notdürftig ab. Will ja das Klo halbwegs sauber hinterlassen.
Ich wanke hinaus. Die zitternden Oberschenkel beruhigen sich ob der nassen Hose, in der sie stecken.
Ich wasche mir die Hände. Handtücher sind keine da. Wie immer. Aber das ist nun egal. Ich wische meine Hände an meiner Hose ab. Sie ist ohnehin nass.
Eine Dame in der Warteschlange sagt, als ich hinausgehe: Sie ham da am Fuß ein Klopapier hängen.
Ich schnappe das Papier, reiße es aus meinem Schuh und drücke es der Dame in die Hand. „Das werden sie noch brauchen, meine Liebe. Glauben Sie mir“.
Draußen wartet Er. Ungeduldig. Grantig. „Wo warst du denn so lang? Ich warte schon eine Ewigkeit. Und warum hast du die Tasche um den Hals hängen?“

2 Kommentare:

JMH hat gesagt…

Though I don't have a fetish for such things, I liked this post a lot. Even in the barbaric translation I use, your writing really cuts through the cultural taboo that I have about discussing women's bodily functions.

amadea's world hat gesagt…

The translation is barbaric, indeed, jmh.
It is a taboo, jmh. Not for men, I suppose. For some men the whole world is a urinal ;-)