Samstag, Februar 10, 2007

oma shui

Christiana ist eine Feng-Shui-Expertin.
Unlängst bot sie mir an, meine Wohnung nach den Feng-Shui-Prinzipien zu untersuchen.
Klar sagte ich ja.
Wer will nicht, dass das Chi in der Wohnung frei fließen kann?
Wer will nicht dadurch kreativer und glücklicher werden?
Ich sah mich schon mit gekreuzten Beinen auf dem sonnendurchfluteten Boden meiner Wohnung sitzen, meditierend, lächelnd, zufrieden.
Viel weiß ich nicht über Feng Shui.
Es geht vor allem um das Chi. Das Chi ist sehr empfindlich. Das Chi muss im Raum frei fließen können. Und wenn da ein Kastl mitten im Raum steht, dann kann das Chi da nicht vorbei. Es muss einen Umweg machen. Und Umwege mag das Chi nicht. Spitze Pflanzen mag das Chi auch nicht. Da fließt das Chi gemütlich vom Flur in das Wohnzimmer und auf einmal sieht es eine spitze Pflanze und schon ist es vorbei mit dem Chi. Kaputt, zerschnitten, verstümmelt.
Also weg mit dem Kastl und weg mit dem Kaktus.
Das ist keine große Sache. Wenn’s nix nutzt, dann schadet's nicht.
Christiana ist toll gekleidet wie immer. Sie ist eine der wenigen Personen, die ich kenne, die ständig frisch aussehen. So als sei sie gerade einem Pinienbad entstiegen. Makellose Haut und Figur, strahlende Augen und noch strahlenderes Lächeln.
Sie schwebt durch meine Wohnung während ich einen Fragebogen ausfülle. Und ich beantworte all diese Fragen und je mehr ich beantworte, desto sicherer bin ich mir, dass alle Probleme, die ich mit mir selbst, mit meiner Familie, meiner Chefin, meinen Kollegen und meinen Finanzen habe, von Feng Shui gelöst werden würden.
Einfach alles ein bisserl umstellen, die eine oder andere Wand farbig ausmalen und alles im Leben wird mir gelingen.
Ich bin fertig mit dem Fragebogen und nun geht es los.
Christiana steht in der Diele.
Das geht gar nicht. Diese Unordnung.
Die Schuhe und Stiefel, die da herumliegen. Räum das weg. Das muss alles frei sein.
Du musst wissen, das Chi kommt mit dem Wind. In dem Fall, der Wind den du machst, wenn du die Wohnungstür aufmachst. Und wenn das Chi mit dem Wind daher kommt, nimmt er all den Gestank, der sich in deinen Schuhen, Stiefeln und Patschen jahrelang angesammelt hat mit und trägt ihn hinein in die Küche, ins Wohnzimmer und ins Schlafzimmer und du wirst krank.
Meine Schuhe stinken nicht, ich verwende immer ein Fußdeodorant.
Christiana hört nicht zu.
Christiana redet weiter.
Das Chi sucht sich immer Wasser. Und da bleibt es dann. Und wenn du nicht ständig die Badewanne voll Wasser hast oder irgendwo ein Aquarium stehen, in das sich das Chi hineinflüchten kann, dann ist das Chi ständig in Bewegung auf der Suche nach Wasser. Und da weht dann ständig der Gestank der Schuhe wie ein Wirbelwind in deiner Wohnung hin und her, vor und zurück.
Und da erinnere ich mich an meine Oma.
Und nun weiß ich endlich, warum die Fische von Opas Aquarium immer verendeten. Das war das Chi, voll gesogen mit dem Gestank von Opas Gummistiefel.
Christiana geht ins Wohnzimmer.
Der Fernseher muss weg. Also hör auf fern zu sehen.
Das geht nicht. Manchmal muss ich fernsehen.
Dann deck den Fernseher zu.
Zudecken? So wie einen Kanarienvogel?
Ja, mit einer Plastikabdeckung.
Hab ich nicht. Geht eine Decke auch?
Nein, es muss Plastik sein.
Und wieder fällt mir die Oma ein. Die Oma hatte keinen Fernseher dafür aber eine Plastikabdeckung. Auf dem Tisch. Eine Plastiktischdecke, schön bunt gemustert. Aber die war da nicht wegen dem Chi oder dem Feng oder dem Shui sondern wegen dem Opa. Weil der Opa hat immer gebröselt beim Brot essen.
Christiana geht ins Schlafzimmer.
Der Spiegel muss weg. Ein Spiegel ist gefährlich.
Dieser nicht, sage ich. Ich habe ihn ordentlich befestigt.
Der Spiegel muss weg. Ein Spiegel ist eine Einladung für eine dritte Person. Wenn dein Mann eine Affäre hat, dann bist du selber schuld.
Aber ich habe keinen Mann mehr, Christiana, hast du das vergessen? Ich habe nur einen Ex-Mann und einen Lover. Und warum soll der eine dritte mitnehmen? Dafür ist das Bett zu schmal. Und außerdem hat er genug mit mir zu tun. Mit noch einer Frau wär der total überfordert.
Aber ich sage nichts und nicke.
Und die Oma fällt mir wieder ein.
Ein Spiegel im Schlafzimmer. Wer braucht einen Spiegel im Schlafzimmer? Das haben nur die Perversen. Wir sind katholisch.
Christiana geht in die Küche.
Gegenüber vom Herd darf weder Kühlschrank, noch Waschmaschine noch Waschbecken noch Toilette sein. Weil da treffen Wasser und Feuer aufeinander und liefern sich einen Kampf. Und gleich darauf beginnen auch alle Familienmitglieder an zu kämpfen.
Da hab ich aber Glück. Da trifft nichts zu. Keine Familienmitglieder da zum Kämpfen. Und die Toilette ist auch nicht in der Küche.
Und die Oma fällt mir wieder ein.
Einen Kühlschrank brauchen wir nicht. Wir haben einen Keller. Und die Bassena ist draußen im Gang. Und das Klo auch.
Christiana geht wieder ins Wohnzimmer.
Diese rote Decke auf der Couch muss weg. Die ist gefährlich. Weil rot bedeutet Feuer.
Mit rot musst du sowieso vorsichtig sein. Überlege dir gut, wo du rot hast.
Wenn du ein rotes Sofa hast, dann hast du nur Ärger. Ärger im Beruf und im Privatleben.
Der einzige Ärger, den ich mit der roten Decke habe, ist, dass sie zu kurz ist.
Und schon wieder denke ich an Oma.
Oma hatte keine rote Couch. Oma hatte gar keine Couch. Oma sagte immer – Eine Couch ist was für faule Leute. Wir haben eine Eckbank. Eine Eckbank genügt. Auf einer Eckbank sitzt man. Wer liegen will und müde ist, geht ins Bett.
Christiana geht wieder ins Schlafzimmer.
Mach das Fenster auf in deinem Schlafzimmer. Damit das Chi herein kann.
Das frische Chi. Weil wenn du das nicht machst, dann schläfst du schlecht.
Vor einigen Tagen machte ich nachts das Fenster zu, weil ich ständig einen Schnupfen hatte und am Morgen kalte Füße. Seither ist das Fenster zu und der Schnupfen weg. Und die kalten Füße auch.
In Omas Schlafzimmer war das Fenster immer offen.
Sommer wie Winter. Bei plus dreißig Grad und bei minus dreißig Grad. Und das bisschen Reif auf der Tuchent schadet nicht.
Wenn dir kalt ist, dann arbeite mehr. Dann bist du müde und schläfst wie ein Murmeltier.

Das war vor einigen Wochen.
Ich habe das nun folgendermaßen geregelt:
Fast alle Stiefel und Schuhe sind im Keller.
Die Tür zur Toilette ist immer offen. Der Klodeckel auch. Weil das Klo ist in der Diele. Und so kann der Gestank der restlichen herumliegenden Schuhe gemeinsam mit dem Chi ins Klo fliegen und sich in der Klomuschel ertränken.
Das Schlafzimmerfenster ist nun wieder durchgehend geöffnet. Den Spiegel im Schlafzimmer brauch ich nicht mehr. Weil es ist zu kalt um sich im Schlafzimmer an- und auszuziehen. Ich hab den Spiegel ins Klo gehängt.
Die rote Decke von der Couch habe ich in die linke Ecke meiner Wohnung gelegt. Weil das linke Eck ist laut Christiana das Reichtums-Eck. Und das soll aktiviert werden.
Der Kühlschrank, der gegenüber vom Herd war, steht nun in der Diele im Eck. Da wo es dem Chi auf seinem Weg in das Klo nicht im Weg ist.
Rechts hinten im Wohnzimmer, wo vorher der Schrank mit den schönen Gläsern und dem schönen Geschirr stand, da steht nun ein kleines Tischerl mit Blumen. Weil das ist das Beziehungseck. Und da gehören Blumen hin, sagt Christiana.
Heute sind sie etwas welk. Wenn das Christiana sehen würde. Sie wäre entsetzt. Aber ich hab Windspiele aufgehängt, die machen das alles wieder gut. Windspiele sind das Beste.
Und Traumfänger.
Traumfänger sind das Zweitbeste.
Windspiele und Traumfänger sind so eine Art Filter. Die fangen alles ein. Alle negativen Energien. Oder so.
Und im Baumarkt habe ich mir einen Zimmerbrunnen gekauft. Der ist ein bisserl groß, aber er plätschert hübsch vor sich hin.
Er steht mitten im Wohnzimmer. Nicht ideal, ich weiß, wegen dem Chi. Aber sonst ist nirgends Platz. Aber ich musste den kaufen. Sonderangebot, Ausstellungsstück. Das Chi wird das verstehen, glaub ich.
Fernseher hab ich nun keinen mehr. Der steht im Keller.
Ein Fernseher wär wirklich Unsinn. Weil ich würde eh nichts hören bei dem lauten Plätschern und Geklingel von Brunnen und Windspiel. Und so laut kann ich den Fernseher nicht drehen hier in der Wohnung. Der Mieter unter mir mag das nicht. Weil das Kind vom Mieter kann dann nicht mehr schlafen.
Meditieren mit gekreuzten Beinen auf dem sonnendurchfluteten Wohnzimmerboden geht leider nicht. Weil der Zimmerbrunnen da steht. Aber das macht nichts.
Ich setze mich zum Meditieren aufs Klo.
Und wenn ich die Klotür dann zumache, dann ist es schön ruhig. Da hör ich dann nicht mal mehr das Plätschern vom Zimmerbrunnen.
Der Spiegel im Klo stört mich nicht. Hab eh die Augen zu beim Meditieren.
Opa saß auch immer am Klo wenn er seine Ruhe haben wollte.
Vor Oma Shui.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Hallihallo, vielen lieben Dank für dein Lob und deinen Comment auf meinem Blog. Da geht einem das Herz auf. I wünsch noch einen schönen und erholsamen Tag!! da andi