Der Mensch ist ein Herdentier.
Stell einen Lastwagen auf irgendeinen Parkplatz, lass etwas Musik dröhnen, öffne die Tür, und wir stellen uns alle an, mehr oder weniger, und drängen hinein, bereit zur Fahrt zum Schlachter.
Wir tun alles um erster zu sein oder um einen Platz zu ergattern. Da wird nicht geschaut, da wird gedrängelt, da werden von vermeintlich lieben alten Damen mit Gehstock Mütter mit Kleinkindern beiseite gedrängt. Da rennen zwei um die Wette um sich dann zu zweit auf einen Sessel zu drängen. Der aggressivere gewinnt und sitzt mit einem Siegeslächeln. Handtaschen, Rucksäcke und Regenschirme werden zu Waffen. Hör auf zu drängen sonst hast du meine Handtasche im Kreuz, du Aff.
Beim Einsteigen ins Flugzeug von Salzburg nach Dublin war ich inmitten einer Herde.
Normalerweise bin ich eher nachlässig, stelle mich nicht an und steige als letzte ein. Doch dieses Mal ergab es sich anders. Die Maschine hatte Verspätung, ich hatte gerade Kaffee getrunken, herumgehen wollte ich auch nicht mehr, also stellte ich mich an. Eine Familie vor mir. Die zwei Kinder lungerten am Boden, ihre Gesichter rot von der Hitze.
Die Maschine war noch nicht gelandet, doch es bildete sich nach und nach eine Menschenmenge rund um mich. Neben mir eine Frau, groß und kräftig wie ein Rhinozeros. Sie war Irin oder Engländerin. Ständig drückte sie mir ihren Rucksack, an dem ein Fahrradhelm hing, in die Seite. Ich strafte sie mit einem bösen Blick und rückte etwas ab. Sie rückte nach. Am liebsten hätte ich gesagt - Pass auf, du blöde Kuh, gleich schubse ich dich. Natürlich sagte ich nichts. Sie reagierte nicht auf meine Blicke. Neben mir ein alter Mann. Er sah harmlos aus, sein Mund sah aus wie Loriots Comicfigur. Er schubste mich zur Seite und drängte sich vor. Ganz zufällig, ganz unabsichtlich.
Nun stand ich ganz dicht an der Wand. Meine Schulter schmerzte. Das Rhinozeros drängelte immer mehr, der Fahrradhelm stach mir in die Rippen. Sie hatte sich nun endgültig entschieden, als erste in das Flugzeug einzusteigen. Und ich war ihr im Weg.
So als ob ich gar nicht da wäre, schubste sie mich mittels Rucksack und Helm zur Seite. Nun schmerzte nicht nur meine Schulter sondern meine ganze rechte Seite. Und der Helm stach immer tiefer in die Rippen. Bald werde ich ohnmächtig, dachte ich.
Ich verstand diese Hektik nicht. Die Maschine war noch nicht gelandet, es gab noch keinen Check-in.
Ein weiterer Schubser und sie hatte es geschafft. Sie war vor mir.
Ich sah nur noch Nacken. Rot und verschwitzt. Ich konnte mich nicht mehr bewegen. Eingeklemmt zwischen Rhinomonster und Wand. Ich drehte meinen kopf, so weit ich konnte zur Seite um nicht ihren Körpergeruch einatmen zu müssen und um mir den Anblick des roten, feuchten Nackens zu ersparen.
Es kam Bewegung in die Menge.
Der Check-in begann.
Es mag Vorteile haben, wenn man groß und schwer ist, weil man alles zur Seite rammen kann.
Ich bin nicht sehr klein, ich bin durchschnittlich groß. Aber ich bin schnell. Und wendig.
Ich schnappte meine Tasche, duckte mich, kroch seitlich unter der Rhinofrau durch und dicht vor ihr wieder hoch. Unglücklicherweise stieß ich dabei mit dem Kopf an ihr Kinn. Nicht absichtlich natürlich. Es war einfach passiert, aber es war mir egal, dass es passiert war, es war mir sogar ganz recht.
Oh, I am awfully sorry, sagte ich.
Ihr Gesicht war hochrot. Sie sagte nichts. Rieb nur ihr Kinn.
Ich ging stieg vor ihr ins Flugzeug.
Sie saß hinter mir.
Und bestellte einen Eisbeutel für ihr Kinn.
Sie tat mir nicht leid.
Ganz im Gegenteil.
Ich hoffe, dass das Kinn in den nächsten Tagen grün und blau wird.
Was für ein schöner Kontrast zu ihrem roten Teint.
Freitag, Juli 21, 2006
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1 Kommentar:
The AltaVista Babel Fish gives me an idea of what you are saying, although inevitably destroys all the style. But you make do with what you have and...
Humans are sophisticated cows, especially the larger humans. Though we, as humans, only have one stomach, we may have four minds: One for chewing the thoughts, one for breaking down the thoughts, one for separating the thoughts from the meaning, and one for shitting the meaning out of our mouths.
Amadea, I shit out of my mouth all the time.
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