Montag, Juli 03, 2006

bulimie

Manchmal sind Frauen anders.
Vor allem beim Einkaufen. Vor allem beim Einkaufen von Kleidung und Schuhen.
Das ist bekannt. Das weiß jeder.
Der Mann kauft ein Hemd und weiß, dass es passt, ohne es anzuprobieren.
Nicht so bei der Frau.
Allein das Anprobieren ist eine Sache für sich. Ich kenne keine einzige Frau, nicht mal meine Freundin, die Größe vierunddreißig hat, die in der Umkleidekabine nicht flucht und schwört, am nächsten Tag eine Diät zu beginnen.
Über die wenig schmeichelnde Beleuchtung in Umkleidekabinen, die jeden noch so makellosen Teint grün aussehen lässt, über die Enge in diesen Zellen, über den extrem unvorteilhaft angebrachten Spiegel schreibe ich nun nicht.
Ich schreibe darüber, dass ich, weil ich meist in einer Boutique einkaufe, die ich kenne und deren Verkäuferin mich kennt und mich nach Lust und Laune wählen lässt. Ich habe auch das Privileg, die Kleidungsstücke, die mir gefallen, nicht in einer dieser oben beschriebenen Gefängniszellkabinen anprobieren zu müssen. Ich darf das, was mir gefällt, nach Hause nehmen und dort probieren. Der Spiegel in meinem Schlafzimmer ist so angebracht, dass er meine Kurven in einem sehr vorteilhaften Licht erscheinen lässt.
Ich kann einen angemessenen Abstand halten und die Problemzonen sehen eben aus Entfernung wesentlich weniger bedrohend aus.
Aber es bleibt dennoch nicht aus, dass ich sehr oft Kleidungsstücke wieder zurückgebe. Die Jeans, die eine Nummer zu klein sind, das T-Shirt das farblich zu keiner Hose passt, die high heels mit denen ich keinen Schritt gehen kann.
Ich liebe es, Kleidungsstücke zurückzugeben, dann etwas anderes mitzunehmen, es wieder zurückzugeben, um dann doch nichts zu kaufen.
Man könnte sagen, ich habe Rückgabebulimie. Kaufen, retournieren, kaufen, retournieren, kaufen, retournieren.
Ich kaufe Kleidung meist aus einer Laune heraus. Weil das Wetter so schön ist oder weil das Wetter so schlecht ist, weil ich abends ausgehe und nichts habe, das meiner Laune entspricht. Und oft bin ich mir im Geschäft absolut sicher, dass ich etwas ganz Tolles gekauft habe. Aber dann bin ich daheim, probiere es an und ich sehe aus wie ein Waschweib.
Und es ist mir unbegreiflich, wie ich dieses Stück Sack überhaupt mitnehmen habe können. Es sah doch so toll aus an der Schaufensterpuppe.
Und dann bekomme ich ein wenig Panik, die sich aber gleich wieder legt, weil ich weiß, ich kann das zurückgeben. Den Kassabon bewahre ich immer auf.
Es gibt auch Frauen, die tragen das eben erstandene Stück eine Nacht lang und geben es dann am nächsten Tag zurück. Das würde ich niemals tun.
Für den Mann ist so eine Rückgabebulimie nicht nachvollziehbar.
Für einen Mann ist das vergeudete Zeit, die man besser nützen kann.
Aber, darf man als Frau nicht seine Meinung ändern?
Ein Bekannter ändert alle zwei Jahre die Vorliebe für einen Fußballclub. Und dabei geht es um Menschen, nicht um Schuhe und Klamotten. Das ist ein großer Unterschied.

Keine Kommentare: