Vor einigen Tagen gab es Probleme mit dem Abfluss in der Küche.
Jedes Mal, wenn der Geschirrspüler das Geschirr spülte, dauerte es zwei Minuten, bis ich ein lautes Glucksen aus Richtung Badezimmer hörte. Dazu kam noch, dass neben mir auf der Baustelle der Bagger in einer ganz bestimmten Frequenz Erdreich aushob, sodass die Weingläser im Schrank auf wundersamee Art zu klirren begannen. Wäre da nicht der Lärm der Baumaschinen nebenan gewesen, hätte sich dieses Zusammenspiel von glucksendem Waschbecken, rinnendem Wasserhahn und klingelnden Weingläsern eigentlich ganz schön angehört.
Da war dann noch das Mähgeräusch des Rasen mähenden Nachbarn gegenüber im Haus, das Geschrei des Kleinkindes unter mir und das hysterische Geschimpfe seiner Mutter.
Ich konnte weder Bagger und Rasenmäher ausschalten noch Kleinkind und Mutter beruhigen.
Gegen das Glucksen im Bad gab es durchaus Möglichkeiten, zumal das Glucksen begleitet war vom bedrohlichen Ansteigen des Wasserspiegels im Abwaschbecken und dieses nach einer halben Stunde nach Beendigung der Geschirrspülung mit verschiedenfarbigen Speiseresten übersät war.
Die Lösung für Glucksen, Gläserklirren und Wasserspiegelanstieg kam gestern in Form des Installateurs.
Ich war der Meinung, die Sache wäre in einer Viertelstunde erledigt, zumal ein lieber Kollege von mir vorgestern das Abflussrohr zerlegt hatte, was nichts half, weil es nicht verstopft war.
Es half insofern ein wenig, als der Wasserspiegel in der Abwasch nur mehr zur Hälfte anstieg, weil der Rest des abfließenden Wassers durch die undichte Stelle, die der Kollege im Abflussrohr verursacht hatte, auf meinen Küchenboden lief.
Zuvor hatte ich noch eine Luftdruckpumpe besorgt, was auch nicht zum erhofften freien Abfließen geführt hatte sondern dazu, dass mein Kollege nass war wie nach einer Dusche, weil Lo und ich das Überlaufventil nicht ordentlich mit dem Geschirrtuch verschlossen hatten.
Fast wäre beim Ausprobieren der Luftdruckpumpe noch ein Unglück passiert, weil der Kollege ausprobieren musste, ob die Pumpe im Trockenzustand funktionierte, dabei auf mich zielte und meine Bluse und mich fast in Fetzen riss.
Ich kam mit dem Schrecken davon, hatte aber hinterher eine halbe Stunde lang einen Gehörschaden und stand einen halben Tag lang unter Schock.
Also musste ein Installateur her.
Sie kamen zu zweit.
Der jüngere, anscheinend der ranghöhere, stellte mir seinen Kollegen und sich selbst vor: „Das ist der Hans, und ich bin der Helmut.“
Sie schüttelten mir die Hand und lächelten freundlich. Ich lächelte auch und stellte mich vor. Mit Vornamen natürlich. Bei uns ist das so üblich. Hier redet jeder jeden mit Vornamen an, außer du bist der Präsident.
Sie fragten mich, ob sie die Schuhe ausziehen sollten, was ich nach einem kurzen Blick auf die festen Plastiktrekkingschuhe verneinte. Etwas Dreck in der Wohnung war mir lieber als eine halbe Stunde Fußschweißgestank.
Aber ich fand es sehr nett, dass sie gefragt hatten.
Sie schüttelten mir beide die Hand und lächelten freundlich.
Die nächste Frage war die nach einem Kaffee. Das war kein Problem. Sie machten es sich auf der Couch gemütlich und ich betrieb Smalltalk.
„Wie lang wird das dauern?“
„Kommt darauf an“, sagte Helmut.
„Wie viel kostet das denn?“
„Kommt darauf an, sagte Helmut.
„Könnt ihr das heute reparieren?“
„Kommt darauf an, sagte Helmut.
„Hast du schon mal mit unserer Firma zu tun g’habt?“ fragte Hans.
“Nein, tut mir leid, noch nie. Das hier ist meine erste Verstopfung.“
Sie lachten.
Ich besserte aus. „Ich meine, die erste Verstopfung in dieser Wohnung.“
Schenkel klopfen. „Der woar guat!“
Und dann erzählten sie die Geschichte ihrer Firma. Eine halbe Stunde lang. Erst drei Jahre alt, Familienbetrieb, Umsatzsteigerung jedes Jahr um zweihundert Prozent.
Ihre Devise: Schnell, kundenfreundlich, erfolgreich, praxisorientiert, bodenständig.
Helmut holte aus seiner Hosentasche eine Broschüre und meinte: „Da hast a Bettlektüre.“
Endlich erhoben sie sich. „Bualein, is mia hoaß vom Kaffee. Hätt’st nit a Bier?”
„Nur eine Flasche“, antwortete ich verschämt. Die war übrig geblieben vom letzten Fußballabend.
„Besser wia nix.“
Ich würdigte die Firmenphilosphie gebührend.
Sie begannen mit der Arbeit.
Nach zwei Stunden waren die Abflussrohre in Küche, Bad und WC abgeschraubt. Es gluckste noch immer. Der Küchenboden erinnerte mich an die Farbe der Baustelle nebenan nach drei Wochen Dauerregen.
„Na, des hilft nix. Da miass ma in drei Woch’n no amoi kemma. Weil I foahr morg’n in’ Urlaub. Mit’m Motorradl-Klub noch Kärnten", sagte Helmut und wischte sich über die verschwitze Stirn.
„Aber mach dia koane Soagn, fia die heitige Oarweit varrechna ma dia nix.“
Ich traute meinen Ohren nicht.
„Könntet ihr...”, begann ich.
„Kloar, moch ma schon. Mia bau’n wieda ois fei zomm und wonn i van Ualaub z’ruck bin, miass ma ins wos überleg’n.“
Sie bauten alle Rohre wieder ein. Nun hab ich zusätzlich zum Glucksen, Glasklirren und Baumaschinendröhnen ein rhythmisches Tropfen in Küche, Bad und WC-Waschbecken.
Dazu kommt, dass ich jeden Abend den Wecker auf drei Uhr morgens stelle, um die Kübel, die ich in Küche, Bad und WC-Waschbecken unterstellte, zu entleeren.
Ich freue mich aber mit Helmut, dass er in zwei Wochen gut erholt und mit neuem Schwung mein Problem lösen wird.
Ich werde dann wohl urlaubsreif sein. Die Frage stellt sich, ob ich mir den Urlaub leisten kann. Helmut ließ anklingen, dass vermutlich die komplette Wand links vom Abfluss in der Küche aufgestemmt werden müsse, weil das Problem vermutlich bei der Nachbarin über mir liegt.
Aber ich solle mir keine Sorgen machen, es sei nur eine Vermutung.
Ich habe ohnehin keine Zeit, mir Sorgen um meinen Küchenabfluss zu machen. Ich mache mir Sorgen, ob ich in zwei Wochen fähig sein werde, die Herren Installateure willkommen zu heißen.
Ich bin beschäftigt mit Kübel ausleeren, Geschirr in der Badewanne abwaschen und Ohropax in die Ohren stopfen.
Außerdem muss ich eine Kiste Bier für Helmut und Hans besorgen.
Freitag, Juni 23, 2006
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