Sonntag, Jänner 08, 2006
die fremden kommen
Die Fremden kommen. So hieß es immer kurz vor Weihnachten.
Das bedeutete, dass meine Schwester und ich aus unseren Zimmern ausziehen und im notdürftig hergerichteten Raum im Keller schlafen mussten.
Das bedeutete, dass die Gäste am Heiligabend mit uns zu Abend aßen und auch bei der Bescherung dabei waren.
Das bedeutete, dass Oma und Opa uns erst am Stefanitag besuchen durften, weil dann die Fremden Schi fahren waren.
Wenn meine Schwester und ich jammerten, weil es im Keller im Zimmer keinen Strom gab, hörten wir nur – stellt euch nicht an – es ist leicht verdientes Geld. In vierzehn Tagen sind sie wieder weg.
Und untersteht euch – redet sie ordentlich an. Es sind Gäste.
Manchmal, wenn sie nicht da waren, schlich ich in mein Zimmer.. Ich durchwühlte Kästen und Schubladen. Genommen habe ich nie etwas. Das hätte ich mich nicht getraut.
Nur an der schönen, rosafarbenen Seife roch ich manchmal.
In der Früh mussten meine Schwester und ich abwechselnd zum Bäcker gehen um frische Semmeln zu holen. Während sie frühstückten, standen wir beim Ofen und schauten ihnen zu. Sie redeten viel und unverständlich. Die Mutter in der weißen, gestärkten Schürze servierte Speck, Käse und Eier vom Bauern nebenan. Den Kaffee schenkte ich ihnen ein.
Danach räumten wir den Tisch ab. Dafür bekamen wir Schokoladetaler.
Am Dreikönigstag fuhren sie.
Wir bezogen wieder unsere Zimmer, in denen es noch eine Weile anders roch.
Einmal vergaßen sie die rosa Seife.
Ich nahm sie an mich, bevor meine Schwester sie entdeckte und legte sie in mein Nachtkästchen zwischen die Taschentücher.
Den Geruch der Seife habe ich noch immer in der Nase.
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